Die Wissenschaftskommunikation braucht klar definierte Qualitätskriterien – das fordern die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften in ihrer gemeinsamen Stellungnahme „Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien“, die sie am 17. Juni 2014 in Berlin vorgestellt haben.
Die Wissenschaftslandschaft und die Medienlandschaft haben sich verändert – und damit auch die Rahmenbedingungen für die Wissenschaftskommunikation. Universitäten und Forschungseinrichtungen haben ihre Außendarstellung immer stärker professionalisiert. Zugleich beeinträchtigen kostenlose Internetangebote das Geschäftsmodell klassischer Medien. Auch der Wissenschaftsjournalismus ist von den daraus resultierenden Sparmaßnahmen betroffen.
Die Akademien beobachten, dass der Wissenschaftsjournalismus Mühe hat, in einem wachsenden Medienangebot Aufmerksamkeit zu finden. Er trifft auf ein immer breiteres Spektrum der Öffentlichkeitsarbeit von Wissenschaftsorganisationen, bei der auch Marketing und Werbung eine immer größere Rolle spielen. Unter diesen Bedingungen sehen die Akademien die Qualität der Wissenschaftskommunikation gefährdet.
Wissenschaftliche Einrichtungen sollten deshalb gemeinsam mit Journalistinnen und Journalisten Grundsätze und Qualitätskriterien zur Kommunikation von Forschungsergebnissen und für die wissenschaftsjournalistische Arbeit gleichermaßen entwickeln, empfehlen die Akademien. Projektleiter Peter Weingart, Professor für Soziologie em. an der Universität Bielefeld: „Die Wissenschaftsorganisationen sollten ein Qualitätslabel für vertrauenswürdige Wissenschaftskommunikation schaffen, das institutionelle Pressearbeit auszeichnet, die sich nach klar definierten Qualitätskriterien richtet. Damit könnten auch Verstöße sanktioniert werden.“
Ähnliches gilt für den Journalismus: Ein Wissenschaftspresserat nach dem Vorbild des Deutschen Presserats sollte Kodizes für die journalistische Darstellung wissenschaftsbezogener Themen erarbeiten, die Sachlichkeit einzelner Berichte beurteilen, Best Practice Beispiele hervorheben und gegebenenfalls Fehlleistungen rügen. Auch Verlage und Sender sollten die Entwicklung der Qualitätskriterien für Wissenschaftsthemen vorantreiben. Besonderen Bedarf sehen die Akademien bei den nicht auf Wissenschaft spezialisierten Journalisten, die ebenfalls Wissenschaftsthemen aufgreifen. In die Entwicklung der Kriterien sollten auch Ausbildungseinrichtungen und (wissenschafts-)journalistische Berufsverbände eingebunden werden.
An die Politik richtet die interdisziplinäre Projektgruppe der Akademien die Empfehlung, Anreize so auszurichten, dass eine nachhaltige Wissenschaftskommunikation gefordert und gefördert wird, die vorrangig der Information der Bürgerinnen und Bürger dient. Peter Weingart: „Wissenschaft ist ein Prozess und kein Produkt. Unsere Aufgabe als Wissenschaftler ist es nicht, zu verführen und zu überzeugen, sondern zu informieren und aufzuklären.“ Dazu könnten Preise für gelungene Kommunikation ausgelobt werden. Bundes- und Landesregierungen sollten zudem die Forschung zur Zukunft und Finanzierung der Wissenschaftskommunikation stärken sowie wissenschaftliche Weiterbildungen für Kommunikationsexperten und Kommunikationsfortbildungen für Wissenschaftler fördern.
Das gemeinsame Projekt „Zum Verhältnis zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien“ von Leopoldina, acatech und der Akademienunion startete Anfang 2012. Die interdisziplinäre Projektgruppe aus Wissenschaftlern und Journalisten gab Gutachten zu relevanten Themenaspekten in Auftrag, führte Befragungen durch und holte Expertisen ein. Auf dieser Basis entwickelte die Projektgruppe Empfehlungen für Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Medien. Zum Abschluss des Kooperationsprojekts haben am 17. Juni 2014 in Berlin rund 80 Wissenschaftler, Kommunikatoren und Journalisten über die Empfehlungen der Akademien und die Zukunft der Wissenschaftskommunikation diskutiert. Im Mittelpunkt der offenen Diskussionsveranstaltung standen die Qualitätsrichtlinien für Wissenschaftsjournalismus und -kommunikation und die Einrichtung eines Rats für Wissenschaftskommunikation.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften unterstützen Politik und Gesellschaft unabhängig und wissenschaftsbasiert bei der Beantwortung von Zukunftsfragen zu aktuellen Themen. Die Akademiemitglieder und weitere Experten sind hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. In interdisziplinären Arbeitsgruppen erarbeiten sie Stellungnahmen, die nach externer Begutachtung vom Ständigen Ausschuss der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina verabschiedet und anschließend in der Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung veröffentlicht werden.
Für das Projekt „Zum Verhältnis zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien“ hat acatech gemeinsam mit der BBAW für die Akademienunion die Federführung übernommen.
www.leopoldina.org
www.acatech.de
www.akademienunion.de
Ansprechpartnerinnen:
Dr. Andrea Katharina Stranzenbach, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
Tel: +49 (0)30 20 63 09 6-97
stranzenbach@acatech.de
Gisela Lerch, Leiterin Referat Information und Kommunikation
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Tel.: +49 (0)30 / 20 370 657
lerch@bbaw.de
Weitere Ansprechpartnerin:
Caroline Wichmann, Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Tel. +49 (0)345 472 39-800
presse@leopoldina.org