Sprachen ändern sich fortwährend; sonst sprächen und schrieben wir heute noch wie zur Zeit Karls des Großen. Aber während das Deutsche in seiner Grammatik seit der Goethezeit nahezu gleichgeblieben ist, ist sein Wortschatz, so ist es in großen Korpora belegt, allein im 20. Jahrhundert um ein gutes Drittel, von etwa dreieinhalb auf mehr als fünf Millionen Wörter angewachsen. Das hat seinen Grund darin, dass es mehr und anderes auszudrücken gibt, manchmal auch darin, dass die Sprecher dasselbe anders ausdrücken möchten. Es gibt aufgrund der kulturellen und technischen Entwicklungen, aber auch der Globalisierung fortwährend neue Gegenstände, neue Handlungen, neue Ideen, für die man neue Wörter oder alte Wörter mit etwas anderen Eigenschaften braucht – die Geschichte nimmt ihren Lauf, die Sprache passt sich an. Diese schnellen Veränderungen lexikographisch zu erfassen, ist mit den Methoden des klassischen gedruckten Wörterbuchs nur schwer zu leisten; hier eröffnet das digitale Vorgehen ganz neue Möglichkeiten. Es gibt keine Beschränkungen im Umfang, und wenn Wörter hinzukommen oder sich in ihren Eigenschaften ändern, lässt sich das sofort erfassen, Fehler lassen sich unmittelbar korrigieren, und man kann dem Nutzer Zugang zu den Daten geben, auf denen die Beschreibung der Wörter beruht, so dass er sich mithilfe einfacher digitaler Werkzeuge selber ein Bild machen kann.
Das Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache verfolgt ebendieses Ziel, nämlich die deutsche Sprache umfassend und dabei wissenschaftlich zuverlässig zu beschreiben – digital und für jeden kostenlos zugänglich. Das Portal verknüpft mehrere Ressourcen, die sich verschiedenen Ebenen der historischen und gegenwartssprachlichen Wortschatzbeschreibung widmen und mit einer einzigen Sucheingabe gleichzeitig abgefragt werden können. Dabei handelt es sich um bereits laufende, aber auch um neu entstehende digitale Wörterbücher, des Weiteren um umfangreiche Korpusressourcen, die mehrere Jahrhunderte deutscher Sprachgeschichte abdecken, und um linguistische Werkzeuge, die statistisch ermittelte syntaktische und historische Daten zu bestimmten Wörtern anschaulich visualisieren. Innerhalb der nächsten Jahre wird das Portal kontinuierlich erweitert und verbessert.
Prof. Dr. Thomas Gloning (Gesamtkoordinator ZDL)
PD. Dr. Alexander Geyken (Leiter Arbeitsstelle Berlin)