Die Predigt Jesu war − wie die seiner Jünger − eine ausschließlich mündliche Äußerung. In den ersten christlichen Gemeinden entstanden nach und nach schriftliche Aufzeichnungen für praktische Zwecke. Erst sehr viel später wurde ein Teil dieser Schriften durch die Kirchen zusammen gefasst und repräsentiert bis heute die fundamentale Autorität für die Christen: den Kanon des Neuen Testaments.
Auch wenn der Kanon seine endgültige Form erst in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts n. Chr. annahm, wurden seine Grundlagen durch die Entwicklungen der christlichen Institutionen im zweiten Jahrhundert gelegt. Die erste Sammlung christlicher Schriften, verstanden als ein Ort, an dem man der authentischen Botschaft Jesu begegnen konnte, wurde von Marcion geschaffen, einem um 140 n. Chr. tätigen Theologen und agilen kirchlichen Organisator. Hat Marcion das Neue Testament “erfunden“?
Prof. Dr. Enrico Norelli ist Professor für die Geschichte des frühen Christentums an der Theologischen Fakultät der Université de Genève. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf antiken christlichen Apokryphen. Er ist international anerkannter Experte für neutestamentliche Kanonforschung.
Eine Gemeinschaftsveranstaltung des Akademienvorhabens "Griechische Christliche Schriftsteller" und der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin mit freundlicher Unterstützung des Verlags Walter de Gruyter.
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.