Geisteswissenschaft im Dialog: Islam – Mythos und Wirklichkeit

Die Podiumsdiskussion findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Geisteswissenschaft im Dialog” statt, einem Projekt der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, der Leibniz-Gemeinschaft und der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland. Es wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Schirmherrin ist die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Annette Schavan. Die Veranstaltungsreihe ist eingebunden in die Initiative Wissenschaft im Dialog.

Die Geschichte Europas und die des Nahen Ostens sind seit der Antike eng miteinander verflochten. Unsere europäischen kulturellen Wurzeln liegen im Mittelmeerraum. Sowohl griechische als auch jüdische, christliche und orientalische Einflüsse bilden die Grundlage unserer Zivilisation. Diese Wurzeln prägen ebenso die Kulturen des Nahen und Mittleren Ostens und Nordafrikas.

 

Heute herrscht der Eindruck, dass mit dem Islam und dem Christentum völlig unterschiedliche Denkstile und Gesellschaftsformen aufeinanderprallen. Dabei stehen sich der Mythos von der kulturellen Überlegenheit der westlichen Christenheit und der Mythos vom zivilisatorischen Fortschritt im Islam bis heute gegenüber. Angesichts der Fortschreibung der Kreuzzugsmythen des Hochmittelalters auf beiden Seiten bis in eine Gegenwart mit ihrem Mythos von einem Kampf der Kulturen bzw. einer Verteidigung der Rechtgläubigen wie zu Zeiten Saladins ist es an der Zeit, die drei großen mediterranen Traditionen, den Islam, das Christentum und das Judentum, in eine nicht bloß ideologisch-antagonistische Beziehung zueinander zu setzen.


Ein wesentliches Element geschichtlicher Aufklärung ist dabei die Koranforschung. Im Westen ist bis in die Gegenwart die innerislamische Hermeneutik des Umgangs mit Texten, die in der islamischen Kultur besondere Autorität genießen, weitgehend ausgeblendet. Man muss sich daher der Voreingenommenheit eines „westlichen“ Objektivismus bewusst werden und zugleich die Frage stellen, welche politische Dimension hinter der Anerkennung der praktizierten religiösen Tradition steht. Es reicht nicht aus, den Koran sowohl in seiner überlieferten Textform als auch in seiner mündlichen Vorform als „Auslegung und Neuformulierung bereits bekannter biblischer und nachbiblischer Traditionen“ anzusehen.


Um muslimischen Kindern Religionsunterricht anbieten zu können, sollen Lehrer an deutschen Hochschulen ausgebildet werden. Die Einführung konfessionell gebundener Islamischer Studien ist bereits beschlossen. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Islamische Theologie, wenn sie als akademische Disziplin an deutschen Universitäten institutionalisiert wird? Wie können die Widersprüche zwischen der Islamischen Theologie im arabischen Raum, jener in Deutschland und zu der etablierten deutschen Islamwissenschaft gelöst werden? Konkurriert dann eine deutsche Auslegung des Korans mit jener der muslimischen Gelehrten in den Kernländern des Islams? Zu einer Diskussion dieser Fragen laden wir Sie herzlich ein!

 

Es diskutieren die Experten für Islamwissenschaft und Arabistik Prof. Dr. Stefan Leder vom Orient-Institut/Beirut, Prof. Dr. Angelika Neuwirth, Leiterin einer umfassenden Dokumentation der Textgeschichte des Koran an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Dr. Anja Pistor-Hatam (Universität zu Kiel), der Philosoph und Präsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften Prof. Dr. Pirmin Stekeler-Weithofer und der erste Lehrstuhlinhaber in Deutschland für Islamische Religions-pädagogik Prof. Dr. Bülent Uçar. Die Moderation hat die Redakteurin für Religion Mechthild Baus vom Mitteldeutschen Rundfunk.


Im Anschluss an diese Podiumsdiskussion laden wir Sie herzlich zu einem Umtrunk ein.
 

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