Einsteintag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften - Auszeichnungen

14.12.2007 | 25

 

PressemitteilungBBAW/PR-25/200714.12.2007


Einsteintag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Potsdams Oberbürgermeister verleiht Nachwuchswissenschaftspreis
Akademieauszeichnungen für Nachwuchswissenschaftler
Erstmals Verleihung eines Editionspreises für Schüler

 

Auf der Festsitzung zu ihrem diesjährigen Einsteintag am 14. Dezember 2007 im Nikolaisaal Potsdam verleiht die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften eine Reihe von Preisen und Förderpreisen an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler. Erstmals in diesem Jahr wird auch ein Preis für die Edition einer Leibniz-Handschrift an Oberschüler/Innen im Land Brandenburg verliehen.

Die Festsitzung ist auch Forum für den in diesem Jahr zum ersten Mal verliehenen Potsdamer Nachwuchs-Wissenschaftspreis der Brandenburgischen Landeshauptstadt. Der Preis wird von Oberbürgermeister Jann Jakobs überreicht.

Die Preisgelder der von der Akademie verliehenen Preise werden von dem Chemikerehepaar Eva und Klaus Grohe, von der Commerzbank-Stiftung sowie von der Monika Kutzner-Stiftung zur Förderung der Krebsforschung zur Verfügung gestellt. Der Stifter des Liselotte Richter-Preises der Leibniz-Edition Potsdam möchte anonym bleiben.

 

Die Akademie verleiht zum Einsteintag 2007 folgende Preise:

-    den Eva und Klaus Grohe-Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften an Prof. Dr. Sebastian Suerbaum, Hannover.
Der Preis ist mit 20.000 € dotiert und kann alle zwei Jahre für herausragende wissenschaftliche Leistungen promovierter deutscher Wissenschaftler/Innen auf dem Gebiet der Infektiologie, sowohl in der klinischen Forschung als auch der Grundlagenforschung, verliehen werden.

-    den Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, gestiftet von der Commerzbank-Stiftung an Prof. Dr. Christoph Halbig, Jena.
Der Preis ist mit 15.000 € dotiert und kann alle zwei Jahre für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften verliehen werden. (Der Preis wird ab 2008 zu veränderten Konditionen verliehen.)

-    den Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, gestiftet von der Monika-Kutzner-Stiftung zur Förderung der Krebsforschung an Prof. Dr. Jürgen Christian Becker, Würzburg.
Der Preis ist mit 10.000 € dotiert und kann jährlich für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Krebsforschung verliehen werden.

-    den Förderpreis 2007 der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften an
Dr
. Lisa-Marie Münter, Berlin
und

-    den Förderpreis 2008 der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften an
Dr. Janina Wellmann, Berlin.

Der Förderpreis in Höhe von bis zu 30.000 € wird an hochbegabte Nachwuchswissenschaftlerinnen nach Beendigung ihrer Promotion verliehen. Er soll die individuelle Weiterentwicklung, einen frühen Start in die Selbstständigkeit und die Integration in die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft unterstützen. Durch Einbindung in die Arbeitszusammenhänge eröffnet die Akademie den Preisträgern die Möglichkeit, die Ressourcen und Kompetenzen der Akademie zu nutzen. Der Förderpreis wird für die Dauer von bis zu zwei Jahren gewährt. Er tritt an die Stelle des letztmalig 2006 verliehenen Akademiestipendiums.

-    den Liselotte Richter-Preis der Leibniz-Edition Potsdam der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften an Stefanie Gryzik, Stefanie Reetz, Anna Sherichow und Katrin Schmidt vom Gymnasiums auf den Seelower Höhen.
Der Preis ist mit 1.000 € dotiert und wird in diesem Jahr zum ersten Mal ausgelobt. Dieser ausschließlich unter den Oberstufen der Gymnasien und Oberstufenzentren in Brandenburg ausgerufene Wettbewerb hat zum Ziel, die Oberstufenschüler/innen für die historisch-kritische Edition als einen Bereich geisteswissenschaftlichen Arbeitens zu interessieren, ihnen praktische Erfahrungen im Zusammenwirken mehrerer Disziplinen (z. B. Französisch und Geschichte oder Latein und Religion) zu ermöglichen und allgemein Freude am Umgang mit Texten zu wecken. Der Wettbewerb wird von der Leibniz-Edition Potsdam betreut.

 

Kontakt:
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Leiterin des Präsidialbüros, Renate Nickel
Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin
Tel.: 030/20370-241; Fax: 030/20370-622, E-mail: nickel@bbaw.de 

 

Anlage

Kurzvorstellung der Preisträger

Eva und Klaus Grohe-Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Prof. Dr. Sebastian Suerbaum, Jahrgang 1962, hat Medizin in Bochum, Wien und an der Harvard Medical School studiert. Er hat 1988 in Bochum mit Auszeichnung promoviert und sich hier 1995 für das Fach „Medizinische Mikrobiologie“ habilitiert. Im Jahre 1999 wurde er als Professor und leitender Oberarzt an die Julius Maximilians Universität Würzburg berufen. Seit 2003 ist er Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Medizinischen Hochschule Hannover.

Suerbaum hat wegweisende Arbeiten auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten und der Therapie geleistet. Ein herausragender Schwerpunkt seiner Forschungen sind Untersuchungen zur Evolution und Pathoevolution des Gastritiserregers Helicobacter pylori und verwandter Spezies.

In internationaler Kooperation gelang es ihm, die Genomsequenz des krebserregenden Bakteriums Helicobacter hepaticus vollständig zu entschlüsseln und in vergleichenden Studien mit dem Lebenszyklus von Heliobacter pylori Faktoren der Krebsentstehung zu untersuchen. Diese Arbeiten gelten als Meilenstein für das Verständnis der Pathomechanismen.

Die kooperativ gewonnenen Erkenntnisse, wie Helicobacter pylori in der extrem sauren Magenschleimhaut überleben kann, bieten die theoretischen Erklärungen von Behandlungserfolgen und eröffnen Chancen für die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien.

Hoch innovativ ist auch eine andere mit M. Achtman verfolgte populationsgenetische Forschungslinie, in der anhand der genetischen Merkmale von weltweit gesammelten Helicobacter-Stämmen aus geographisch, ethnisch und sprachlich unterschiedlichen Quellen Migrationen menschlicher Populationen nachvollzogen werden konnten.

Sebastian Suerbaums Arbeiten wurden ausgezeichnet mit dem Förderpreis und mit dem Hauptpreis der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (1994 bzw. 2004) und mit dem Gerhard Hess-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (1996).

 

Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, gestiftet von der Commerzbank-Stiftung

Prof. Dr. Christoph Halbig, Jahrgang 1972, wurde nach einem Studium der Klassischen Philologie, Philosophie und katholischen Theologie 1999 in Philosophie an der Universität Münster promoviert und dort im Jahre 2005 mit einer Venia Legendi für Philosophie habilitiert. 2002 wurde er in die Junge Akademie aufgenommen. Nach Vertretungsprofessuren an der Humboldt-Universität zu Berlin und in Jena wurde er 2006 auf eine Professur für Philosophie in Jena berufen.

Christoph Halbig hat den Mut zu herausfordernden Thesen. Schon in seiner Dissertation über Hegels Erkenntnistheorie und Theorie des menschlichen Geistes vertritt er auf der Grundlage zentraler Teile von Hegels „Enzyklopädie“ die These, dass Hegels absoluter Idealismus mit einem „common-sense Realismus“ übereinstimme, dass es keine abgrenzbaren Bereiche des Begrifflichen und des Sinnlichen gebe. Die These des Idealismus, dass die Gedanken die Wirklichkeit ausmachen, und die These des „common-sense“ Realismus, dass die Dinge unabhängig von Akten des menschlichen Geistes existieren und als solche auch erkannt werden können, scheinen vereinbar.

In seiner Habilitationsschrift „Praktische Gründe und die Realität der Moral“ greift Halbig zentrale Themen der Meta-Ethik auf. Es geht um den wissenschaftlichen Status der Ethik und den ontologischen Status ihrer Gegenstände. Er fragt, ob die Gründe und Motive moralischen Handelns auf subjektive Überzeugungen, Interessen und Anliegen der Handelnden zurückzuführen seien und vertritt die These, dass dieser moralische Subjektivismus zu kurz greift. Halbig versucht entgegen dem breiten Mainstream zu zeigen, dass es Werttatsachen gibt, die den vorgebrachten Gründen und Handlungsmotiven zugrunde liegen.

Halbig verteidigt einen moralischen Realismus, der weithin als obsolet gilt, mit einer eindrucksvollen „dialektischen“ Substanz unter Einbezug fast aller in den letzten Jahrzehnten vertretenen metaethischen Positionen, die von keiner der streitenden Parteien ignoriert werden kann.

 

Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, gestiftet von der Monika-Kutzner-Stiftung zur Förderung der Krebsforschung

Prof. Dr. Jürgen Christian Becker, Jahrgang 1964, hat an der Medizinischen Hochschule Hannover und der University of California, San Diego Medizin studiert. Nach der Promotion 1990 in Hannover wandte er sich an der Universität Würzburg der Dermatologie zu, arbeitete einige Jahre am Scripps Research Institute, La Jolla, California, und erwarb 1998 die venia legendi für das Fach Dermatologie und Venerologie. Von der Open University London erhielt er 2000 den PhD für das Fach Immunologie. 2003 wurde er auf eine Professur für dermatologische Onkologie an der Universität Würzburg berufen, seit 2004 leitet er dort die DFG-geförderte Klinische Forschungsgruppe „Das Tumormikromilieu – Modulator und Zielstruktur von Immunantworten“ .

J. Ch. Becker ist ein international sehr beachteter Tumorimmunologe, dem es gelungen ist, auf einem breiten Gebiet zahlreiche neue Ideen und Konzepte einzubringen und grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse in die Behandlung von Patienten umzusetzen. Er hat wesentliche Erkenntnisse zum Verständnis der Tumorimmunologie maligner Hauttumoren geliefert, insbesondere zum malignen Melanom. Seine besondere Leistung der jüngsten Zeit liegt in der Identifikation von Tumorantigenen, die nicht der genetischen Instabilität unterliegen und für das Tumorwachstum essentiell sind, und in der Herstellung klinisch verwendbarer Vakzinen gegen diese Antigene.

Es gelang ihm, molekulare Analysen mit zellulären Interaktionen in vivo sowohl im Tiermodell als auch im humanen System in intelligenten experimentellen Ansätzen miteinander zu verbinden. Er hat damit Grundlagenwissenschaftler für klinische Probleme interessiert und Kooperationen initiiert.

J. Ch. Beckers Leistungen als Dermatologe, Onkologe und Grundlagenforscher sind ausgezeichnet worden mit dem Deutschen Krebspreis, dem Deutschen Hautkrebspreis, dem Paul-Langerhans und dem Oscar-Gans Preis der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft sowie dem Hans Georg Zimmermann-Preis für seine Arbeiten zur Melanomgenese.

 

Förderpreis 2007

Dr. Lisa-Marie Münter, Jahrgang 1978, hat an der Freien Universität Berlin Biochemie studiert, mit „sehr gut“ ihr Diplom abgelegt und im Frühjahr 2007 mit „summa cum laude“ promoviert.

L. Münters wissenschaftliches Interesse ist die Erforschung der Ursachen der Alzheimerkrankheit. Mit biochemischen und molekularbiologischen Untersuchungen gelang es ihr in ihrer Promotion, neue Kenntnisse über die Ursache der Krankheit zu erarbeiten und damit zugleich erste, viel versprechende Ansätze für eine erfolgreiche Behandlung zu gewinnen. Sie erkannte ein biochemisches Detail, das bisher übersehen worden war und das den Abbau eines bestimmten Eiweisses betrifft. Wenn dieses Protein, das so genannte Alzheimerprotein APP, als quasi „siamesischer Zwilling“ in der Zellhülle verankert bleibt, entstehen gefährliche Abbauprodukte, Amyloid Abeta42 genannt, die die Nerven angreifen und zerstören. L. Münter gelang es mit Hilfe gentechnischer Methoden die „Zwillinge“ zu trennen und so die Entstehung von Abeta42 zu verringern. Dieser Erfolg eröffnet den Weg zur Entwicklung neuer Therapien zur frühzeitigen Bekämpfung von Morbus Alzheimer, denn Medikamente, die denselben Effekt im Menschen bewirken, können dann ebenso die Bildung des giftigen Amyloids verhindern.

L. Münter will ihre Arbeiten zur Alzheimerforschung fortsetzen. Mit einem sechsmonatigen Forschungsaufenthalt an der Universität Melbourne, im renommierten Forschungslabor von Colin Masters, dem Australischen Vater der modernen Alzheimerforschung, möchte sie sich zusätzliches methodisches und theoretisches Wissen aneignen, um dann in Berlin mit eigener Forschergruppe und neuen Ideen an ihrer weiteren Karriere zu arbeiten. In ihrem derzeitigen FU-Forscherteam um Prof. Multhaup wird sie maßgeblich am bereits bewilligten Projekt des auf 12 Jahre angelegten BMBF Demenz-Netzwerks beteiligt sein. Erst kürzlich wurde die Arbeitsgruppe mit dem vom Arbeitskreis der BioRegionen in Deutschland verliehenen Innovationspreis ausgezeichnet.

Der Förderpreis der Akademie stellt für L. Münter eine wichtige Unterstützung ihrer ambitionierten Pläne dar, das uns alle im Alter betreffende Alzheimer-Problem zu lösen und bietet zunächst eine wesentliche Voraussetzung für die von ihr angestrebte erfolgreiche Habilitation.

 

Förderpreis 2008

Dr. Janina Wellmann, Jahrgang 1973, studierte an der Universität Hamburg, der Sorbonne in Paris und der Humboldt-Universität zu Berlin Geschichte (1992-1998). Seit 1999 ist sie am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, zunächst als Doktorandin, seit 2007 als Postdoktorandin. 2006 verteidigte sie ihre Dissertation in der Form einer „co-tutelle de thèse“ zwischen der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris und der TU Berlin mit höchster Auszeichnung.

J. Wellmanns Forschungen liegen im Grenzbereich zwischen Kulturgeschichte, Kunstgeschichte und Geschichte der Human- und Lebenswissenschaften. In ihrer Dissertation zum Thema „Wie das Formlose Formen schafft. Rhythmus und Organisation des Lebendigen, 1760 bis 1830“ beweist sie ein breites kulturhistorisches Wissen – von der Entwicklungsbiologie über die Musiktheorie, die Poetologie sowie die Geschichte der Instruktionsgraphik der damaligen Zeit. Mit der zentralen These ihrer Arbeit, wonach die epigenetische Biologie um 1800 nicht nur in ihren Konzepten, sondern auch mit ihren Darstellungsformen am besten in ihrem inneren Zusammenhang erfasst werden kann, wenn man sie unter dem epistemischen Regime des Rhythmus betrachtet, unternimmt sie einen Brückenschlag zwischen dem romantischen Kulturverständnis und den Wissenschaften des Lebens dieser Zeit und betritt Neuland in der Wissenschaftsgeschichtsschreibung.

Ihr daran anknüpfendes Projekt über „Die Beobachtung des Dazwischen: Serie und Sequenz in der Mikroskopie 1850 – 1920“ befasst sich mit der Geschichte der Mikroskopie und der wissenschaftlichen Visualisierung. Sie untersucht die Verbildlichung der Diskontinuität. Die Seriendarstellung beruht auf einer Bewegung, die Leerstellen überbrückt. J. Wellmann untersucht, wie sie im Medium der Mikroskopie historisch Gestalt annimmt. Der Förderpreis ermöglicht ihr vor allem, ausländische Kooperationen zu nutzen, namentlich mit dem Department of History and Philosophy in Cambridge, mit dem Department of History an der Harvard University und mit dem Department of Anthropology der Rice University.

 

Liselotte Richter-Preis der Leibniz-Edition Potsdam der Akademie

Die vier Preisträgerinnen Stefanie Gryzik, Stefanie Reetz, Anna Sherichow und Katrin Schmidt besuchen den Lateinkurs der Jahrgangsstufe 12 des Gymnasiums auf den Seelower Höhen. Von ihrer Lehrerin, Grit Díaz de Arce, zur Teilnahme am Wettbewerb angeregt, haben sie drei kleine, bislang noch nicht edierte Aufzeichnungen von Leibniz zur Substanzmetaphysik transkribiert, die Textvarianten zu einem Großteil aufgeführt und eine Einleitung verfasst, in der sie Besonderheiten von Leibniz’ Substanzbegriff gegenüber denen des Descartes und des Spinoza skizzieren. Sie schreiben: „Diese Tätigkeit an dem Liselotte Richter-Preis hat unser Interesse für geisteswissenschaftliches Arbeiten geweckt und dadurch sind uns auch die wichtigen philosophischen Erkenntnisse der drei Geisteswissenschaftler vor Augen geführt worden. Durch dieses Zusammenwirken innerhalb einer Gruppe wurde uns ein ganz anderer und ein neuer Blick auf die lateinische Sprache ermöglicht.“

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