Als „Phantasiegiganten“ und als „Fixstern am Literaturhimmel“ bezeichnete Monika Grütters, Vorstand der Stiftung Brandenburger Tor, heute bei der Eröffnung der Ausstellung Dintenuniversum den oberfränkischen Dichter Jean Paul. Zum 250. Geburtstag von Jean Paul findet bis Ende Dezember im Berliner Max Liebermann Haus die erste große Einzelausstellung statt, die das Werk dieses Dichters umfänglich präsentiert.
Die Staatsbibliothek zu Berlin, die Jean Pauls Nachlass verwahrt, sowie die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW), die seine Briefe ediert, haben in Kooperation mit der Stiftung Brandenburger Tor und gefördert von der Kulturstiftung des Bundes Leben und Werk dieses exzessiven Literaten für ein breites Publikum aufbereitet. Es handelt sich, wie Barbara Schneider-Kempf, Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, betont, um einen „kostbaren und in seiner Vielfalt ohne Beispiel dastehenden Nachlass“. Er umfasst 40.000 Seiten, die in einer repräsentativen Auswahl gezeigt werden, darunter Exzerpte, Tagebuchnotizen, Wörtersammlungen, Register sowie Vorarbeiten und Manuskripte zu seinen Romanen. Ergänzt werden die Handschriften in der Ausstellung durch eine Vielzahl von Objekten, Gemälden, Zeichnungen (darunter fünf von Johann Gottfried Schadow), Stichen und Büchern, die Jean Paul im Porträt sowie als Dichter und Philosophen, als Pädagogen und Medienstar vergegenwärtigen.
Jean Paul war, wie der Literaturwissenschaftler Markus Bernauer in seiner Rede ausführte, „in vieler Hinsicht der erste moderne Dichter Deutschlands: Das Erzählen ging ihm über die Erzählung, die Abschweifungen waren ihm wichtiger als die Geschichte, seine Streckverse oder Polymeter sind eine Frühform des Prosagedichts“. Auch Hortensia Völckers, die Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes, würdigte ihn als bedeutenden Sprachkünstler: „Sprachmagier sind selten geworden. Wenn Jean Paul nicht der letzte war, so war er doch der größte. An Schriftstellern, Dichtern und Geisteswissenschaftlern, die ihn verehren und erforschen, gibt es keinen Mangel. Wohl aber droht Jean Paul aus dem Kanon einer weniger voraussetzungsvollen, breiteren Leserschaft zu verschwinden. Deshalb müssen wir ihn ‚entprofessionalisieren‘. Die Ausstellung Dintenuniversum könnte ein Meilenstein auf diesem Weg werden.“
Unter Mitwirkung des Deutschen Literaturarchivs Marbach werden im Max Liebermann Haus neben den Zettelkästen Jean Pauls einige Zettelkästen von Autoren des 20. Jahrhunderts gezeigt, Maschinen der Phantasie u. a. von Arno Schmidt, Hans Blumenberg, Eckhard Henscheid, Jochen Missfeld und Peter Rühmkorf. In die Moderne führt auch der Epilog, der Jean Pauls deutsche und europäische Nachwirkung verfolgt.
Die von Markus Bernauer, Angela Steinsiek und Jutta Weber verantwortete Ausstellung wird durch ein umfangreiches Begleitprogramm ergänzt, das von der Stiftung Joseph Breitbach gefördert wird. Vorträge und Lesungen, Diskussionen und Konzerte, die in der BBAW, im Literaturhaus Berlin, in der Staatsbibliothek zu Berlin und am Ort der Ausstellung im Max Liebermann Haus stattfinden, erschließen die Aktualität Jean Pauls. Für Schüler der Oberstufe bietet die BBAW im Rahmen des Schülerlabors Geisteswissenschaften zudem eine Workshopreihe mit dem Titel Schreib-Leben sowie eine Fachtagung für Lehrer an, die von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft ermöglicht werden.
Jean Paul Dintenuniversum. Schreiben ist Wirklichkeit. Ausstellung 12. Oktober bis 29. Dezember 2013,
Max Liebermann Haus, Pariser Platz 7, 10117 Berlin, Mittwoch bis Montag 11 bis 18 Uhr
Katalog: Jean Paul. Dintenuniversum, hg. von Markus Bernauer, Angela Steinsiek und Jutta Weber,
Berlin: Ripperger & Kremers 2013, 368 Seiten, ISBN 13: 978-3-943999-23-5
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