PRESSEMITTEILUNG
BBAW/PR-26/2005
9. Dezember 2005
Nach zehn Jahren übergibt Dieter Simon das Amt des Akademiepräsidenten an Günter Stock.
Am 9. Dezember 2005 fand im Akademiegebäude am Gendarmenmarkt in Berlin die feierliche Übergabe des Präsidentenamtes statt. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Dieter Simon überreichte seinem Nachfolger, Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Stock, in Anwesenheit der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Prof. Dr. Johanna Wanka, und von Dr. Hans-Gerhard Husung, Staatssekretär für Wissenschaft des Landes Berlin, symbolisch die Amtskette. Staatssekretär Dr. Hans-Gerhard Husung vertrat Dr. Thomas Flierl, Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin, der seine Teilnahme wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen mußte.
Der Rechtshistoriker Dieter Simon, der das Amt 1995 von Gründungspräsident Hubert Markl übernahm, hat Gestalt und Charakter der Akademie in zwei Amtsperioden entscheidend geprägt. „Mit Dieter Simon scheidet ein Akademiepräsident aus dem Amt, der wie nur wenige in der Wissenschaftslandschaft herausragt und der die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften im allgemeinen und öffentlichen Bewußtsein breit verankert hat“, sagte sein Nachfolger Günter Stock bei der Amtsübergabe und würdigte neben Dieter Simons außerordentlichen Leistungen auch seine Persönlichkeit: „Seine Freude am sprachlichen und intellektuellen Aperçu, seine Gründlichkeit in der Analyse, seine Stringenz in der Argumentation, aber auch die Empathie für Themen und Menschen sind bei Dieter Simon eine einzigartige Symbiose eingegangen.“
Zu den großen Verdiensten von Dieter Simon gehört, daß er den Ausbau der Akademie zu einer „Arbeitsakademie“ ebenso vehement wie erfolgreich beförderte: Unter seiner Ägide ist die Zahl der Interdisziplinären Arbeitsgruppen und Initiativen von fünf auf derzeit rund zwanzig angestiegen, zwanzig weitere sind zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen worden. Die publizierten Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen wie die Studie zum „Gemeinwohl“, die „Gesundheitsstandards“ oder der „Gentechnologiebericht“ zeugen vom hohen Standard dieser Forschungen zu Gegenwarts- und Zukunftsfragen zeugen.
Daneben verfolgte Dieter Simon umsichtig und zielstrebig die Entwicklung der Akademie zu einer Hauptstadtakademie, die wissenschaftlich profiliert sowie regional und international vernetzt ist. Als Ausdruck enger Zusammenarbeit mit den Berliner Universitäten wurden die „Akademieprofessuren“ eingerichtet. Mit ausländischen Akademien auf 4 Kontinenten sind in seinen beiden Amtszeiten rund 20 Kooperationsverträge abgeschlossen und Kooperationen auf den Weg gebracht worden.
Der wissenschaftliche Nachwuchs erfuhr in Dieter Simons Amtszeit besondere Förderung, sei es durch die Vergabe von Akademiepreisen und Akademiestipendien, vor allem aber durch die Gründung der Jungen Akademie im Jahr 2000 (gemeinsam mit der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina), die erste und bisher einzige institutionelle Form der Förderung junger Eliten. Auf seine Initiative hin wurde der Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft intensiviert, unter anderem durch die „Gegenworte“, der innovativen Zeitschrift für den „Disput über Wissen“, sowie durch eine große Zahl von Foren, in denen Vertreter der Politik und namhafte Experten aktuelle wissenschaftspolitische Fragen diskutierten. Mit großen Erinnerungsveranstaltungen zu La Mettrie, Albert Einstein, Hannah Arendt, Montesquieu und anderen gelang es ihm, das Akademiegebäude am Gendarmenmarkt für ein breites Publikum zu öffnen.
Dieter Simon bewirkte die Sanierung und Restaurierung des Leibniz-Saals, die Modernisierung der Bibliothek sowie des Archivs, und er führte die Akademie in das Zeitalter des elektronischen Publizierens.
Er hat eine Verfassungs- und Administrationsreform auf den Weg gebracht, die auf eine den Aufgaben der Akademie adäquate effiziente Gremienstruktur und eine dieser Struktur entsprechende Verwaltung zielt. Sie bedarf nun noch der Bestätigung durch die Berliner und Brandenburger Parlamente. Der im Zusammenhang mit dieser Reform eingerichtete Senat sichert der Akademie die gesellschaftliche Vernetzung.
„Wenn wir ihn jetzt nach zwei Amtsperioden verabschieden“, sagte Günter Stock in seiner Würdigung, „dann tun wir dieses in großer Dankbarkeit und mit großem Respekt für das, was er für uns geleistet hat.“ „Für besonders erwähnenswert halte ich auch die Langzeitvorhaben“, – betonte Senator Thomas Flierl in seiner schriftlichen Bilanz der Amtszeit Dieter Simons, „die insbesondere hinsichtlich ihrer Begründetheit und Effizienz immer wieder unter Kritik standen. Ich sehe hier die Berlin-Brandenburgische Akademie in einer Vorreiterrolle zur Modernisierung dieser Art von Vorhaben in Deutschland.“ Ministerin Johanna Wanka bescheinigte Dieter Simon, er habe „in seiner Amtszeit als Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften einen tiefgreifenden Prozeß des Wandels initiiert.“
Dieter Simons Nachfolger, Günter Stock, war am 27. Mai 2005 von der Versammlung der Akademiemitglieder für die Dauer von fünf Jahren zum Präsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie gewählt worden. Nach einem Studium der Medizin hatte er in Heidelberg eine Professur inne und wechselte von dort zur Schering AG, wo er in den letzten Jahren im Vorstand unter anderem für die Unternehmensfunktion Forschung zuständig war.
Seit 1995 ist Günter Stock ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Er gehörte dem Verfassungsrat an, der vom Vorstand der Akademie eingesetzt wurde und die Anfang 2002 eingeführte Verfassungsreform vorbereitete. Er wirkte in der inzwischen zum Abschluß gekommenen Interdisziplinären Arbeitsgruppe „Gesundheitsstandards“ mit und ist Mitglied der Interdisziplinären Arbeitsgruppe „Eliten-Integration“. „Seine wissenschaftliche Exzellenz,“ – so Dieter Simon – „sein breites wissenschaftspolitisches Engagement und seine profunde Managementerfahrung qualifizierten ihn für die Leitung dieser anspruchsvollen und aufstrebenden Wissenschaftsorganisation“.
In seiner Antrittsrede benannte Günter Stock fünf zentrale Aufgabenbereiche für die erste Phase seiner Amtszeit: die Positionierung der Akademie im Hinblick auf die neue Initiative zur Gründung einer nationalen Akademie; die Suche nach einer dauerhaften Lösung für die Finanzierung der Traditionsunternehmungen; das Ausloten der Frage, inwieweit die Geisteswissenschaftlichen Zentren an der Akademie eine institutionelle Heimat finden können; die weitere Stärkung der Forschung zu Gegenwarts- und Zukunftsfragen und die Hinwendung zu sogenannten Jahresthemen, die von verschiedenen Akteuren innerhalb und außerhalb der Akademie zu bearbeiten wären. Zugleich erinnerte er die Vertreter der Politik, Ministerin Johanna Wanka und Staatssekretär Hans-Gerhard Husung, daran, daß die Akademie, um die gesammelten Erfahrungen auch organisatorisch und strukturell besser umsetzen und abbilden zu können, dringend der neuen Verfassung bedürfe.
Günter Stock tritt sein Amt offiziell am 1. Januar 2006 an.