Kants Denken hat nicht nur die Philosophie in grundlegender Weise geprägt, sondern auch die kulturelle und politische Entwicklung Europas. Insbesondere seine Überlegungen zu Frieden, Freiheit und Würde sind bis heute von fundamentaler Bedeutung für Politik und Gesellschaft. Kant hat durch seine Kritik an den Erkenntnisleistungen des Menschen nicht nur den Anstoß zur Neubegründung der Wissenschaften gegeben, sondern er hat auch die Bewertung von Moral, Recht, Religion und Politik auf eine neue Grundlage gestellt.
Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften geht ihrerseits auf die vormals Preußische Akademie der Wissenschaften zurück, deren Auswärtiges Mitglied Immanuel Kant seit 1786 war. Die Akademie richtete daher eine zentrale Feier aus, in deren Rahmen seine Person, sein Denken und dessen Bedeutung für eine konfliktreiche Gegenwart gewürdigt wurden.
In seiner Festrede betonte Bundeskanzler Olaf Scholz die Aktualität der Schriften Kants. „Kants kategorische Haltung ist klar: ‚Kein Staat soll sich in die Verfassung eines anderen Staates gewalttätig einmischen.‘ Genau das aber tut Russland in der Ukraine. Wie wir heute lebte Kant in einem Zeitalter großer Umwälzungen und kriegerischer Konflikte. Über die ‚Bösartigkeit der menschlichen Natur‘ machte er sich keine Illusionen, noch weniger über ‚Staatsoberhäupter, die des Krieges nie satt werden können‘. Trotzdem und gerade deshalb denkt Kant darüber nach, wie dauerhafter Frieden möglich werden könnte und hält dem Recht des Stärkeren die Autorität des Rechts entgegen. Genau das macht die eindringliche Aktualität seines Entwurfs ‚Zum ewigen Frieden‘ aus.“
Akademiepräsident Christoph Markschies hob die in der letzten Zeit noch einmal gewachsene Bedeutung Kants für das Wissenschaftssystem hervor: Immanuel Kant verdanken wir die leidenschaftliche Aufforderung, selbst zu denken und vorgegebene Pseudo-Gewissheiten kritisch zu überprüfen. Er hat uns die Aufforderung hinterlassen, die Ergebnisse des eigenen Nachdenkens und der Art, wie sie gewonnen wurden, zu hinterfragen. Aber er ermuntert uns auch zur Neugier, den Kanon der klassischen Wissenschaftsdisziplinen zu erweitern und neu zu ordnen. In Zeiten von allgemeiner Verunsicherung, von Pseudo-Wissen und verbreiteter Skepsis gegenüber der Wissenschaft und neuen Wissensformationen seien alle diese Einsichten Kants überaus aktuell. Nur ein Wissenschaftssystem, das sich daran erinnert, bleibe angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen zukunftsfähig.
Mit einem Grußwort von Volker Gerhardt (Akademiemitglied und Projektleiter der Kant-Akademieausgabe, Humboldt-Universität zu Berlin) und einer Lesung aus Kants Werken durch Nina West (Schauspielerin und Sprecherin), ausgewählt und eingeleitet durch Marcus Willaschek (Akademiemitglied und Projektleiter der Kant-Akademieausgabe, Goethe-Universität Frankfurt am Main) und Andrea Esser (Friedrich-Schiller-Universität Jena) endete der Festakt. Gerahmt wurde das Programm von „Akamus – Akademie für Alte Musik Berlin“. 1982 in Berlin gegründet, gehört die Akademie für Alte Musik Berlin (Akamus) heute zur Weltspitze der historisch informiert spielenden Kammerorchester.
Die Website https://kant2024.bbaw.de informiert über aktuelle Veranstaltungen zu Kant im Jubliäumsjahr.
Kontakt:
Dr. Ann-Christin Bolay
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Präsidialbüro, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin
Tel. 030/20370-657, Fax: 030/20370-366
E-Mail: bolay@bbaw.de
www.bbaw.de