Die Begriffe Gemeinwohl und Gemeinsinn – längere Zeit als alteuropäische Semantik für obsolet erklärt – haben seit Ende der Blockkonfrontation wieder ihren Platz in den öffentlichen Diskussionen eingenommen und sind bei der Suche nach Lösungen gesellschaftlicher Probleme zur Referenzgröße von Innovation geworden. Das Begriffspaar Gemeinwohl / Gemeinsinn appelliert in Zeiten finanzieller Knappheit an die soziomoralischen Ressourcen der Gesellschaft. Das Vorhaben hat die Funktion des Gemeinwohltopos in unterschiedlichsten Kontexten von Wissenschaft und Öffentlichkeit sondiert. Analysiert wurden Trends der Kommunalisierung, Verrechtlichung, Verstaatlichung und Entstaatlichung, Nationalisierung und Entnationalisierung von Gemeinwohl und Gemeinsinn. Dabei ließen sich Verwendungsweisen zur Aktivierung, aber auch zur Passivierung von gesellschaftlichen Akteuren beobachten. Die Pluralität der Gemeinwohlsemantik erforderte – nicht zuletzt vor dem Hintergrund soziomoralischer Voraussetzungen supranationaler Integrationsprozesse – ein transdisziplinäres Forschungskonzept, das sozial-, rechts-, wirtschafts-, naturwissenschaftliche und theologische Perspektiven einbezieht und darüber hinaus auch mit Vertretern gemeinwohlorientierter Praxis in Politik, Wissenschaft und Kultur analysiert und diskutiert wurde.