Die friedliche Revolution vor 20 Jahren riss die Mauer in Deutschland ein und beendete auch die lange Trennung zwischen den Wissenschaftlern in Ost und West. Damit eröffneten sich große Chancen, doch sollte nicht krisenfrei zusammenfinden, was zusammen gehörte. Machte man damals das Beste aus einer schwierigen Situation und brachte eine Entwicklung auf den Weg, die sich als erfolgreich erwiesen hat? Oder fehlte die Vision oder der Mut, die Evaluierung des Wissenschaftssystems der DDR auch für Reformen im Westen zu nutzen und so einen Beitrag zur Zukunft und zur inneren Einheit des Landes zu leisten?
Im Osten sprach man bald von "Abwicklung": Viele Mitarbeiter der DDR-Akademien verloren ihren Arbeitsplatz, Institute wurden geschlossen, Lehrstühle an den Hochschulen neu strukturiert und häufig von Wissenschaftlern aus dem Westen übernommen. Die grundlegende Umstrukturierung des DDR-Wissenschaftssystems wurde von den betroffenen Wissenschaftlern unterschiedlich beurteilt. Die einen sahen darin einen großen Fortschritt für die Wissenschaftslandschaft im Osten, andere kritisierten, dass das Wissenschaftssystem des Westens den neuen Bundesländern einfach "übergestülpt" wurde.
Dieses Symposium im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2009 will dazu beitragen, den historisch einmaligen Prozess verstehen und beurteilen zu können. Es lädt damalige Akteure und Betroffene, heutige Praktiker und Beobachter, Befürworter und Kritiker zur Diskussion und Reflexion über genutzte und verpasste Chancen ein.
Wie sahen die Bedingungen und Leistungen in Forschung und Lehre auf beiden Seiten der Mauer tatsächlich aus? Wie stand es um das Verhältnis von Wissenschaft und Politik in den beiden deutschen Staaten? Wie kamen – welche – Entscheidungen nach 1989 zustande, und wie wurden sie umgesetzt? Hat uns die Eingliederung der DDR-Wissenschaften in das westdeutsch geprägte Wissenschaftssystem bereichert oder zurückgeworfen? Wie ist der Neuaufbau der Forschung im Osten zu bewerten? Ist nach anfänglichen Krisen ein gesamtdeutsches Wissenschaftssystem entstanden? Der Blick zurück soll nach vorne weisen und die Frage nach der Zukunft der deutschen Wissenschaft im globalen Wettbewerb stellen.
Dienstag, 24. November 2009
19.00 Uhr
Eröffnung
Annette Schavan
Bundesministerin für Bildung und Forschung (angefragt)
Günter Stock
Akademiepräsident
19.15 Uhr
Auftakt
Wissenschaft und Wiedervereinigung – Genutzte oder verpasste Chancen?
PODIUMSDISKUSSION
Ferenc Glatz
Historiker
Jens Reich
Molekularbiologe
Gerhard A. Ritter
Historiker
Dagmar Schipanski
Physikerin und Politikerin
Wolfgang Thierse
Politiker
Einführung und Moderation
Jürgen Kocka
Vizepräsident der Akademie
Sozialhistoriker
Mittwoch, 25. November 2009
09.00 Uhr
Forum I
40 Jahre geteilte Wissenschaft
Impulsreferat I
Bündnis von Geist und Macht. Wissenschaft in der DDR
Richard Schröder
Theologe
Impulsreferat II
Bündnis von Geist, Wirtschaft und (verteilter) Macht. Wissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland
Winfried Schulze
Historiker
Podiumsdiskussion
mit Richard Schröder und Winfried Schulze sowie
Hubert Laitko
Wissenschaftshistoriker
Andreas Malycha
Historiker
Dagmar Simon
Politologin
Moderation
Etienne François
Historiker
Kaffeepause
11.30 Uhr
Forum II
Evaluation und Weichenstellungen
Impulsreferat
"Wie im Westen, so auf Erden"? Die Vereinigung der deutschen Hochschul- und Wissenschaftssysteme als Prozess
Mitchell Ash
Wissenschaftshistoriker
Podiumsdiskussion
mit Mitchell Ash sowie
Manfred Erhardt
Wissenschaftssenator a. D.
Thomas Kuczynski
Wissenschaftshistoriker und Publizist
Renate Mayntz
Soziologin
Hans Joachim Meyer
Staatsminister a. D.
Moderation
Bernd Faulenbach
Historiker
Mittagspause
14.30 Uhr
Forum III
Erfolge – Misserfolge – Konsequenzen
Impulsreferat I
Forscher und Institutionen in den neuen Ländern
Peer Pasternack
Forschungsdirektor am Institut für Hochschulforschung Wittenberg
Impulsreferat II
Unter anderen in der Welt. Das deutsche Wissenschaftssystem im internationalen Wettbewerb
Wilhelm Krull
Generalsekretär der VolkswagenStiftung
Podiumsdiskussion
mit Peer Pasternack und Wilhelm Krull sowie
Manfred Bierwisch
Linguist
Detlev Ganten
Mediziner
Joachim Sauer
Chemiker
Moderation
Volker Gerhardt
Philosoph
Kaffeepause
17.00 Uhr
Forum IV
Das Erbe von Teilung und Vereinigung – Perspektiven
Schlussdiskussion
Ingolf Hertel
Physiker
Dieter Klein
Soziologe
Frieder Meyer-Krahmer
Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung
Horst Kern
Mediziner
Moderation und Zusammenfassung
Peter Strohschneider
Vorsitzender des Wissenschaftsrates
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2009 – "Forschungsexpedition Deutschland " und wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung . Sie wird organisiert von Corina Weber und Jörg von Bilavsky.
Einen Blog zum Thema mit Beiträgen von Teilnehmern des Symposiums finden Sie hier: www.scienceblogs.de/wissenschaft-und-wiedervereinigung/about.php .
Medienpartner des Symposiums ist Deutschlandradio Kultur .
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
24.11.2009: 19.00 Uhr<br>25.11.2009: 9.00 - 18.30 Uhr