Jeder Künstler und auch jeder große Wissenschaftler wird die Erfahrung gemacht haben, dass ihm plötzlich unter nicht kontrollierbaren Umständen Ideen, Einsichten und Einfälle aufgeleuchtet sind, die nicht seinem Bewusstsein entstammten. Und dennoch oder gerade deswegen waren sie von entscheidender Bedeutung für seine Arbeit. Dieser rational schwer erklärbare Augenblick der Kreativität wird bis heute gern mit dem Begriff der Inspiration bezeichnet.
Der Glaube an die Inspiration durch eine göttliche Instanz war lange Zeit weit verbreitet. In der Aufklärung verlagerte er sich mit der Verfeinerung des psychologischen Wissens mehr und mehr zu einem Glauben an die individuelle Schöpferkraft des Künstlers. Das kreative Potential wurde in sein Inneres selbst, in seine Seele, verlegt. Der Künstler wird so zu einem alter deus, zu einem zweiten Schöpfer.
In einer Reihe von vier Vorträgen sollen Begriff und Szenen der Inspiration ausgeleuchtet werden. Zunächst wird der Begriff der Inspiration im Spannungsfeld von Theologie und Kreativitätspsychologie diskutiert. Anschließend werden charakteristische Darstellungsmuster der Inspiration in den Künsten (bildende Kunst, Literatur, Musik) analysiert – vom Kuss der Muse bis zu William Faulkners „chemischer Analyse der sogenannten dichterischen Inspiration“: Diese besteht aus „99 Prozent Whisky und einem Prozent Schweiß“.
Einführung und Moderation
Christoph Markschies
Lehrstuhl für Ältere Kirchengeschichte, Humboldt-Universität zu Berlin
Vizepräsident der Akademie
Ernst Osterkamp
Institut für deutsche Literatur, Humboldt-Universität zu Berlin
Akademiemitglied
Kurzvorträge
„Nenne mir, Muse ...“ oder „Komm Gott, Schöpfer, Heiliger Geist“?
Inspiration, heidnisch wie christlich
Christoph Markschies
„Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!“
Der Künstler und der Kuss der Muse
Alexander Markschies
Institut für Kunstgeschichte,
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Romantische Inspirationsszenen
Ernst Osterkamp
Musikalische Poetik der Moderne
Hermann Danuser
Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft,
Humboldt-Universität zu Berlin
Akademiemitglied
anschließendes Podiumsgespräch