Die zweite Veranstaltung der Reihe befasst sich mit dem Feld der Technologieentwicklung und Technikfolgenabschätzung am Beispiel next generation sequencing. Die Entwicklung von Methoden zur Hochdurchsatz-DNS-Sequenzierung hat die Genomforschung und insbesondere die Diagnose und Prävention von genetisch bedingten Krankheiten grundlegend verändert. Heute stehen wir an der Schwelle zur Einführung umfassender und zuverlässiger Tests, mit denen praktisch alle bekannten genetisch bedingten Störungen des Kindesalters diagnostiziert oder ausgeschlossen werden können. Technisch wie finanziell ist es bereits möglich, die Sequenz aller menschlichen Gene oder sogar des gesamten Erbguts im Rahmen der Gendiagnostik zu ermitteln. Von dort bis zur Genomsequenzierung bei Neugeborenen ist es nur noch ein Schritt, selbst die Entwicklung und Einführung der pränatalen Genomsequenzierung ist denkbar. Allerdings gibt es verschiedene und zum Teil gut begründete Vorbehalte gegen eine rasche und flächendeckende Einführung der Hochdurchsatz-Sequenzierung.
Die Gentechnik und ihre Anwendungen bilden seit über 20 Jahren einen Schwerpunkt der Technikfolgenabschätzung (TA). Diese dient der interdisziplinären Erforschung und Bewertung von möglichen Technikfolgen im Vorhinein, um gesellschaftliche Meinungsbildung und politische Entscheidungsfindung wissenschaftlich zu unterstützen. Dabei behandelt sie ethische Fragen technischer Eingriffe in das Leben ebenso wie die Rolle von weit reichenden Visionen in gesellschaftlichen Zukunftsdebatten. Armin Grunwald und Arnold Sauter werden anhand ausgewählter Ergebnisse zu den Perspektiven genetischer Diagnostik darstellen, welche Fragen in TA-Untersuchungen gestellt werden, welche Entwicklungen im Rückblick über- oder unterschätzt wurden und wie Technikfolgenabschätzung in Zukunft zu einer gesellschaftsverträglichen, nachhaltigen Entwicklung und Anwendung von »next generation sequencing«-Technologien beitragen kann.
Hans-Hilger Ropers setzt sich in seinem Vortrag mit den Voraussetzungen für eine Einführung der Hochdurchsatz-Sequenzierung im Bereich der genetischen Diagnostik auseinander und zeigt anhand von Fallbeispielen, warum es seiner Meinung nach unver-tretbar wäre, betroffenen Familien den Zugang zu diesen diagnostischen Methoden zu verwehren.
Gentechnologie im Spannungsfeld von Technologieentwicklung und Technikfolgenabschätzung am Beispiel next generation sequencing
Hans-Hilger Ropers
Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, Berlin
IAG Gentechnologiebericht/Akademiemitglied
Armin Grunwald und Arnold Sauter
Büro für Technikfolgenabschätzung
beim Deutschen Bundestag (TAB)
Moderation: Ferdinand Hucho
Akademiemitglied / IAG Gentechnologiebericht
Weitere Termine:
- Donnerstag, 6. Dezember 2012, Gentechnologie im Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit am Beispiel des Humangenomprojektes mit Hans Peter Peters (Forschungszentrum Jülich, Wissenskommunikation), Ulrich Bahnsen (Wissenschaftsjournalist DIE ZEIT, Hamburg), Moderation: Jürgen Hampel (IAG Gentechnologiebericht)
- Dienstag, 11. Dezember 2012, Gentechnologie im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik am Beispiel wissenschaftlicher Politikberatung mit Jens Reich (Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin, Berlin, Akademiemitglied /IAG Gentechnologiebericht), Peter Weingart (Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie, Akademiemitglied), Moderation: Gert G. Wagner (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) / TU Berlin)
Die Veranstaltung am 11.Dezember ist zugleich Teil der Vorlesungsreihe „Wissenschaftliche Politikberatung, Teil 2“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Leibniz-Gemeinschaft.