„Migration gehört zur Conditio humana wie Geburt, Vermehrung, Krankheit und Tod; denn der Homo sapiens hat sich als Homo migrans über die Welt ausgebreitet“, schreibt Klaus J. Bade, einer der führenden Migrationsforscher in Deutschland. Migration ist dennoch für jede Generation eine große Herausforderung.
Und sie ist im Europa des 20. und 21. Jahrhunderts ein zentrales Sorgenthema geworden. Viele Menschen fühlen sich heute mit einer historischen Ausnahmesituation konfrontiert. Ein historischer Rückblick zeigt jedoch, dass dieses Phänomen seit jeher ein zentrales Element der europäischen Kulturgeschichte war.
Auch in Deutschland ist Migration kein Phänomen unserer Zeit. Der Einwanderung von französischen Hugenotten nach Preußen im 17. Jahrhundert und der von Polen im 19. Jahrhundert ins Ruhrgebiet standen jeweils große Auswanderungswellen von Deutschen auf den Balkan und nach Nordamerika gegenüber.
Öffentlich wird heute nach wie vor die Frage diskutiert, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist. Derzeit leben in Deutschland nach amtlichen Angaben knapp 6,7 Millionen Angehörige anderer Staaten, die ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft nach Deutschland verlagert haben. Die späte Anerkennung dieser Wirklichkeit hat Integration in Deutschland jahrzehntelang erschwert und die positive Wirkung von Einwanderung beeinträchtigt. Migration ist verbunden mit dem stetigen Aushandeln von Formen des Zusammenlebens unter sich wandelnden Bedingungen. Die neuen Bürger bringen Veränderungen in die deutsche Gesellschaft, wie neue Religionen und Bräuche. Für den Bundespräsidenten Christian Wulff beispielsweise gehört der Islam bereits zu Deutschland.
Der Erfolg der Migration ist sehr unterschiedlich. Wie sahen Migrationsprozesse in der Vergangenheit aus? Gibt es historische Vorbilder für gelungene Prozesse dieser Art? Wann kann man von erfolgreicher Migration sprechen? Welche Hindernisse und Probleme sind mit Migration verbunden? Welche sozialen Folgen bringt die Migration mit sich? Kann kulturelle und ethnische Vielfalt eine Chance sein? Zu einer Diskussion dieser und weiterer Fragen laden wir Sie herzlich ein!
Statements und Positionen
Wenige Neue verändern die Gesellschaft
Migration in globalhistorischer Perspektive
Michael Borgolte
Humboldt-Universität zu Berlin
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Zurückbleiben und Remigration
Perspektiven auf die Auswanderungsgesellschaften
Andreas Gestrich
Historisches Institut London, Stiftung DGIA
Zwangsmigration und Geschichtspolitik
Zur Frage einer Europäisierung von „Flucht und Vertreibung“
Peter Haslinger
Herder-Institut, Leibniz-Gemeinschaft
Multikulturell – multiethnisch – multireligiös
Beobachtungen zum Verhältnis von Migration und Religion
Volkhard Krech
Ruhruniversität Bochum