Populismus – ein Begriff, der spätestens seit 2016 in aller Munde ist, um die gesellschaftspolitische Lage in vielen Ländern zu beschreiben. Der Duden definiert Populismus als eine „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (…) zu gewinnen“. Dies ist jedoch nur eine von vielen Definitionen des schwer greifbaren Phänomens.
Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen haben sich heute fast europaweit etabliert. Die Kampagne der eurokritischen Partei UKIP zum Brexit ist nur ein Beispiel dafür. In Deutschland sitzt mit der AfD eine rechtspopulistische Partei in elf Landtagen und in Polen ist die Partei „Recht und Gerechtigkeit“ an der Regierung. Anfang 2017 trafen sich Europas führende Rechtspopulisten, um vereint gegen Europas Vereinigung zu agieren. Populistische Bewegungen sind hingegen nichts Neues in Europa. Schon seit den 1970er Jahren hat sich in Frankreich mit dem Front National eine rechtspopulistische Partei entwickelt. Inwieweit sich auch auf der Linken populistische Bewegungen entwickelt haben, hängt weitgehend vom angewandten Kriterienkatalog ab. So unterscheiden sich z.B. die nationalen Einschätzungen erheblich, was die Zuordnung von Parteien wie Podemos oder Syriza angeht.
Das Weltwirtschaftsforum stellte Anfang 2017 fest, dass Populismus ein Faktor ist, der zu starker sozialer Instabilität führen kann. Andererseits ist Populismus auch ein Schlagwort im politischen Tagesgeschäft. Eignet er sich überhaupt als wissenschaftliche Analysekategorie?
Populistische Bewegungen und Politiker gab und gibt es auch außerhalb Europas. Politische Relevanz und Popularität erlangte Populismus als Gattungsbegriff seit der Präsidentschaft Juan Peróns in Argentinien, einer Zeit, die durch die Berufung auf ein ‚gutes Volk‘ gekennzeichnet war, das in angeblich unmittelbarer Verbindung mit seinem Anführer stand. In Europa war ein solcher Konnex mit der Niederlage von Nationalsozialismus und Faschismus für lange Zeit obsolet geworden.
Einfache Antworten auf schwierige Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens scheinen aktuell überall Konjunktur zu haben. Wann werden populistische Bewegungen besonders stark, wann schaffen populistische Politiker den Sprung in die Regierungsverantwortung? Gibt es eine populistische Versuchung auch für etablierte Parteien und ihre Politiker? Welche Mechanismen spielen eine Rolle bei der Bildung „öffentlicher Meinung“? Wie kann eine gesamtgesellschaftliche Debattenkultur ohne Populismus aussehen, die gleichzeitig die Kritik aus der Gesellschaft ernst nimmt und sich nicht durch die Beschwörung von Populismus als einem Menetekel dagegen abzuschotten versucht?
Programm
18:00 Begrüßung | Podiumdiskussion
19:30 Offene Diskussion mit dem Publikum
20:00 Ende der Podiumsdiskussion
Im Anschluss laden wir Sie herzlich zu einem Umtrunk und weiteren Gesprächen ein.
21:00 Ende der Veranstaltung
Podium
PD Dr. Lutz Klinkhammer
Deutsches Historisches Institut in Rom,
Max Weber Stiftung
Prof. Dr. Wolfgang Knöbl
Hamburger Institut für Sozialforschung
Prof. Dr. Gudrun Krämer
Institut für Islamwissenschaft, Freie Universität Berlin, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Prof. Dr. Wolfgang Merkel
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Moderation
Dr. Anna-Lena Scholz
DIE ZEIT