Im Wintersemester 2019/20 findet die sechste Reihe des Digital Classicist Seminar Berlin statt. Sie wird vom Zentrum Grundlagenforschung Alte Welt an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Berliner Antike Kolleg durchgeführt. In der Seminarreihe werden Themen behandelt, die die innovative Anwendung moderner digitaler Methoden, Ressourcen und Techniken in den verschiedensten Bereichen einer weitgefassten Altertumswissenschaft betreffen.
Die Sitzungen finden - im zweiwöchigen Turnus - immer Dienstags von 16-18 Uhr im Raum 07W04, Unter den Linden 8 (Akademieflügel der Staatsbibliothek), statt.
Weitere Informationen zu diesem Thema unter de.digitalclassicist.org/berlin/seminar2019
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Digitale Keilschrifttafeln oder digitales Pergament? Wird man zukünftig unsere Daten nutzen können?
Bernd Kulawik
Zürich
Seit der Einführung bezahlbarer Computer, Betriebssysteme und Anwendungssoftware wie Datenbanken vor ca. 40 sowie vor allem des WWW vor ca. 30 Jahren hat die Digitalisierung in den (Geistes-)Wissenschaften einen verspäteten, aber doch rasanten Aufschwung genommen - und die Entwicklung scheint sich sogar zu beschleunigen.
Einige wenige führende Informatiker stellten in den letzten Jahren zwar eigene Lösungsansätze zur langfristigen Sicherung digitaler Daten vor, diese sind aber entweder noch nicht ‘serienreif’ oder nur sehr begrenzt für die interaktive Nutzung heute erzeugter Daten geeignet. Vor allem aber scheinen sie wesentliche Probleme nicht zu berücksichtigen, die ihre breite Anwendung jedoch vollständig zu verhindern drohen! - Während wir uns in der archäologischen bzw. historischen Forschung im weitesten Sinne also mit Objekten und Dokumenten befassen, die Jahrtausende alt sein können, können wir nicht garantieren, dass die Ergebnisse unserer Arbeit auch nur in noch weniger als einem Jahrhundert überhaupt verfügbar sind, sofern sie nicht auch auf Papier vorliegen, womit eben wiederum alle Vorteile der Digitalisierung verloren gehen.
Der Vortrag wird die erwähnten Konzepte kritisch vorstellen und einen vergleichsweise radikalen Lösungsansatz zur Diskussion stellen, der bezüglich Aufwand und Kosten auf den ersten Blick unrealistisch erscheinen mag: Mit Blick auf ca. drei Jahrzehnte Erfahrungen im Umgang mit digitalen Daten dürfte sich dies jedoch relativieren bzw. als unumgänglich und unvermeidbar erscheinen - zumal die Kosten aktueller Verfahren diejenigen der ‘Speicherung auf Papier’ in Bibliotheken bereits übersteigen.