In Forschung und Lehre wird die deutsche Sprache zunehmend zugunsten eines vereinfachten Englisch aufgegeben. Während im internationalen Kontext ein gemeinsames Verständigungsmedium unschätzbare Dienste leistet, wird die ausschließliche Verwendung einer Fremdsprache in der internen täglichen Kommunikation unter Wissenschaftlern jedoch oftmals problematisch gesehen. Beispielsweise wird gegen eine englische Monolingualität das Argument vorgebracht, dass verschiedene Sprachen die Wirklichkeit jeweils unterschiedlich strukturieren und daher jede wissenschaftliche Tätigkeit, die stets nach einem Ganzen der Erkenntnis strebt, der Mehrsprachigkeit bedarf.
Auch wissenschaftliches Denken ist kulturkreisspezifisch und durch historische Traditionen geprägt. Unterschiedliche Argumentationsstrukturen und die kulturell-historische Aufladung von Bezeichnungen und Begriffen deuten darauf hin, dass die jeweilige Sprache wissenschaftliche Denkweisen mitbedingt. Während die Auswirkungen, die die Verdrängung unserer Landessprache für den Erkenntnisprozess und die binnenwissenschaftliche Kommunikation hat, oft thematisiert wurden, ist über deren Folgen für das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit wenig bekannt.
In der Veranstaltung geht es daher um die Frage, inwieweit die selbst bei uns im Inland beobachtete Engführung der Wissenschaftskommunikation auf die englische Sprache die kulturelle Einbettung von Forschung und Lehre sowie die gesellschaftliche Einbindung und das demokratische Selbstverständnis der Wissenschaft berührt. Ist die Sprache von Forschung und Lehre ein Mittler für die kulturelle und gesellschaftliche Verankerung der Wissenschaft? Bedeutet die Wahl einer Fremdsprache, dass sich die Wissenschaft jenseits der Gesellschaft und kultureller Traditionen angesiedelt sieht? Wird das vornehmste Ziel der Internationalisierung von Forschung und Lehre, nämlich der Aufbau eines interkulturellen Verständnisses, durch die kompromisslose Reduktion auf ein vereinfachtes Englisch gefördert oder gar behindert?
Referenten und Diskutanten:
Hermann H. Dieter
Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache (ADAWIS)
Johannes Ebert
Generalsekretär Goethe-Institut
Christian Fandrych
Herder-Institut Leipzig
Peter Finke
Wissenschaftstheoretiker und Autor
Ralph Mocikat
Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache (ADAWIS)
Heinrich Oberreuter
ehem. Direktor der Akademie für Politische Bildung Tutzing
Gerhard Schäfer
Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte
Wolfgang Thierse
ehem. Präsident des Deutschen Bundestages
Andreas Vierecke
Politikwissenschaftler und Redakteur (Moderation)