Viele mittelalterliche Quellen geben Auskunft über die „Slaven“. Was aber meinten die mittelalterlichen Zeitgenossen, wenn sie von „Slaven“ oder „Slavenland“ schrieben, und was kann die Mediävistik heute mit diesen Begriffen sinnvoll bezeichnen? In welchem Verhältnis stehen die im 6. Jahrhundert einsetzenden, von der Wissenschaft seit dem 18. Jahrhundert verfeinerten Konstruktionen „slavischer“ Identitäten zu den mittelalterlichen Wirklichkeiten? Der Vortrag fragt nach den realen Strukturen hinter dem Begriff „Slawen“. Inwieweit verweist er tatsächlich auf eine reale Einheit und ein gemeinschaftliches Identitätsbewusstsein? Oder war er nicht auch schon im Mittelalter und vom 18. bis 20. Jahrhundert vor allem ein Instrument bestimmter politisch-ideologischer Programme?
Einführung
Michael Borgolte
Akademiemitglied
Humboldt-Universität zu Berlin
Die Slaven im Mittelalter
Eduard Mühle
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Eduard Mühle lehrt seit 2005 Geschichte Ostmittel- und Osteuropas an der Universität Münster; 1995–2005 war er Direktor des Leibniz-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung in Marburg, 2000–2001 Gastprofessor in Oxford, 2008–2013 Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Warschau. Seine mediävistischen Arbeiten behandeln vor allem Aspekte der Stadt-, Sozial- und Herrschaftsgeschichte bei Ost- und Westslaven.
Das Mittelalterzentrum der BBAW lädt zu seinem fünften Jahresvortrag ein. Es veröffentlicht die Vorträge in einer eigenen Reihe „Das mittelalterliche Jahrtausend“ im Verlag De Gruyter (Band 1: Otto Gerhard Oexle, Die Gegenwart des Mittelalters, 2013; Band 2: Jan-Dirk Müller, König Philipp und seine Krone, 2014; Bände 3 und 4 im Druck). Das Zentrum repräsentiert die mit dem Mittelalter befassten Akademievorhaben.