Die Entzifferung der in Brāhmī-Schrift geschriebenen Texte, die zunächst einer unbekannten Sprache Mittelasiens zugeordnet und im Jahre 1908 durch F. W. K. Müller und E. Sieg als Tocharisch bestimmt wurden, markiert einen von zahlreichen Höhepunkten der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den sensationellen Turfanfunden aus den Oasenstaaten entlang den Handelswegen der Seidenstraße in Zentralasien (heute Xinjiang in der VR China). Das Tocharische repräsentiert einen Typ des Indogermanischen, der dem westlichen Centum-Zweig und nicht dem östlichen Satem-Zweig wie die nachbarlichen indischen und iranischen Sprachen angehört. Ein wichtiger Ausgangspunkt für die Entzifferung war der Vergleich von Fragmenten, die sich ein und demselben Werk zuordnen ließen, nämlich der Maitrisimit (tocharisch: Maitreyasamitinātaka; alttürkisch: Maitrisimit nom bitig). Dessen alttürkische Übersetzung aus dem Tocharischen entstand etwa vor 1000 Jahren. Dabei handelt es sich um ein umfangreiches buddhistisches Werk, dessen zentrale Figur der zukünftige Buddha Maitreya ist. Die Vorstellungen darüber haben über lange Zeit den zentral- und ostasiatischen Buddhismus geprägt.
Die Tagung wird gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung.
Programm:
Donnerstag, 03.04.2008:
09.00 Uhr
Christoph Markschies: Eröffnung
09.05 Uhr
Desmond Durkin-Meisterernst: Die Entzifferung des Tocharischen - Forschungsgeschichte
09.30 Uhr
Jost Gippert: Die Bedeutung des Tocharischen für die Indogermanistik
Pause
10.30 Uhr
Christiane Schaefer: Das Tocharische und die Katalogisierung der tocharischen Handschriften
11.00 Uhr
Gerd Carling: The Making of a Tocharian A dictionary
11.30 Uhr
Victor H. Mair: Maitrisimit and narrative traditions
Mittagspause
14.00 Uhr
Tatsushi Tamai: Digitalisierung und Paläographie der tocharischen Funde
14.30 Uhr
Lore Sander: Paläographische Probleme des Tocharischen
15.00 Uhr
Melanie Malzahn: Die Wiedergeburt Maitreyas und das Zusammentreffen von Philologie und Sprachwissenschaft
Pause
16.00 Uhr
Klaus Röhrborn: Zur Verbreitung des Epimythions in zentralasiatischen Texten
16. 30 Uhr
Klaus T. Schmidt: Zur Situation der Tocharologie heute: Wie zuverlässig sind unsere Textbearbeitungen und wie zuverlässig ist die darauf beruhende Erschließung des tocharischen Wortschatzes?
Anschließend Besuch in der Arbeitsstelle des AV Turfanforschung und Präsentation ausgewählter relevanter Turfanexte mit kleiner Erfrischung
Freitag, 4. April 2008
09.00 Uhr
Jens-Uwe Hartmann: Probleme der Schulzugehörigkeit von Maitreyasamitināṭaka und Maitrisimit
09.30 Uhr
Georges-Jean Pinault: The contribution of the Old Turkic Maitrisimit to the interpretation of the Tocharian parallel texts
10.00 Uhr
Jens Peter Laut: Neues aus der Katalogisierung der Maitrisimit
Pause
11.00 Uhr
Dilara Israpil: Old Uyghur Maitrisimit Preserved in Xinjiang Museum
11.30 Uhr
Jens Wilkens: Der „Neutag“ und Maitrisimit
Mittagspause
14.00 Uhr
Dieter Maue: Der Name des Maitreya im Uigurischen
14.30 Uhr
Mehmet Ölmez: Zum Wortschatz des Maitrisimit Nom Bitig
15.00 Uhr
Yukiyo Kasai: Maitrisimit und chinesische Texte
Pause
16.00 Uhr
Peter Zieme: Maitrisimit und andere alttürkische Maitreya-Texte
16.30 Uhr
Ablet Semet: Zur Geschichte des Maitreyaglaubens in Zentralasien
17.30 Uhr
Hakan Aydemir: Bemerkungen zu den tocharisch-türkischen Beziehungen
17.00 Uhr
Michaël Peyrot: Gab es eine tocharische Daśakarmapathāvadānamālā?
18. 00 Uhr
Abschluss
03.04.2008, 09.00 Uhr bis 04.04.2008, 18.00 Uhr