Die Memorialkultur rotiert. Offenbar hat sie sich vorgenommen sich selbst zu überbieten. 60 Jahre und 20 Jahre für zwei Ereignisse, 10 Jahre für ein Ereignis, 5 Jahre für ein Unglück, 1 Jahr für ein Event, 100 Tage für ein Amt. Schon hat jeder Tag im Kalender nicht nur wie eh und je seinen Heiligen, sondern auch seinen Dichter, seinen Denker, seinen Politiker, seinen Unfall, seinen Zufall, seinen Abfall. Aber es bleiben doch noch Lücken, viele ausfüllungshungrige Lücken. Etwa: An welchem Tag wird endlich des deutschen Untertans gedacht? Er soll zwar, so hört man, ausgestorben sein und hätte schon deshalb Anspruch auf einen Gedenktag. Aber seine Geschichte als Phänomen und Etikett ist groß und hat in den 60 und 20 Jahren, deren wir heuer gedenken, auch gewirkt. Auch Kohlrauschs, des bekannten Strafrechtsprofessors (1874 - 1948) von der Humboldt Universität linke Hand hat Anspruch auf einen Gedenktag. Weshalb? Das wird im Vortrag begründet.
Kohlrauschs Hand
Eine Parabel über den deutschen Untertan
Vortrag
Dieter Simon
Akademiemitglied
Einführung
Manfred Bierwisch
Akademiemitglied
Dieter Simon, geboren 1935 in Ludwigshafen, ist Rechtshistoriker und Rechtstheoretiker. Von 1968 bis 1991 war er Inhaber des Lehrstuhls für Zivilrecht und Römisches Recht an der Universität Frankfurt am Main, ab 1980 bis 2003 Direktor des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main. In dieser Zeit hatte er von 1989 bis 1992 den Vorsitz im Wissenschaftsrat inne. Der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stand er von 1995 bis 2005 als Präsident vor. Seit 1996 ist er als Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig.
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
18.30 Uhr