Einführung und Moderation:
Eberhard Knobloch, Technische Universität Berlin
1632 zwang die Inquisition Galilei, dem kopernikanischen Weltsystem der Heliozentrik abzuschwören, denn, so die verbreitete Deutung: die christliche Theologie basierte auf der Geozentrik des biblischen Weltbildes. Aber warum wurde die kopernikanische These erst hundert Jahre nach ihrem Bekanntwerden und 73 Jahre nach Erscheinen des Buches verurteilt (1616)? Dafür gab es zwei Arten von Gründen, wissenschaftstheoretische und hermeneutische. Die Theologie hat damals gar keine Kompetenz in astronomischen Fragen beansprucht. Und die Astronomie galt als (Rechen-)„Kunst“ (ars), nicht als Wissenschaft (scientia). Seit Augustin galt zudem der Auslegungsgrundsatz, dass gegen wissenschaftliche Beweise nicht mit dem Wortlaut von Bibelstellen argumentiert werden kann. Galilei hatte in einem offenen Brief an diese damals unstrittigen hermeneutischen Grundsätze ausführlich erinnert. Dann stellt sich die Frage anders: warum ist Galilei dennoch verurteilt worden?
Richard Schröder wurde 1943 in Frohburg/Sachsen geboren. Nach Ablehnung von der Oberschule Ausbildung und Studium an kirchlichen Ausbildungsstätten. Er war Assistent am „Sprachenkonvikt“ (Kirchliche
Richard Schröder ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie Verfassungsrichter des Landes Brandenburg, Vorsitzender des Beirats der BStU, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Nationalstiftung und Vorsitzender des Fördervereins Berliner Schloss.
Zur Akademievorlesung im Sommersemester 2008 "Weltbilder"
Ob in Religion oder Politik, in Wissenschaft oder Kunst – "Weltbilder" sind in unserer Kultur allgegenwärtig. Sie geben unserem Wissen eine Struktur und sollen unser Handeln leiten. Weltbilder sind ein Versprechen auf Übersichtlichkeit in einer unübersichtlichen Welt. Die grundlegenden Fragen, die mit ihrer Hilfe beantwortet werden, haben sich dabei kaum verändert: Welche Gestalt hat die Welt? Welche Kräfte und Ideen wirken in ihr? Woraus besteht sie? Wie ist sie entstanden? Wie sieht ihre Zukunft aus? Es handelt sich um Fragen nach einer umfassenden Ordnung, die den Menschen umgibt, und in der er seinen Platz einnimmt.
Der Begriff des "Weltbildes" kann hierbei ganz wörtlich genommen werden: Als ein Bild von der Welt unterstreicht er die Bedeutung der Anschaulichkeit für unsere Orientierung in der Welt. Denn diese wird nicht allein sprachlich erschlossen, sondern immer auch visuell. Aus geistes- und aus naturwissenschaftlichen Perspektiven sollen daher die historischen und die gegenwärtigen Rollen von Weltbildern kritisch beleuchtet werden. Das Sehen sowie die konkreten Bildmedien stehen im Mittelpunkt der Ausführungen.
Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Die Welt als Bild untersucht seit 2005 systematische und historische Aspekte des Zusammenspiels von Weltanschauungen und ihren visuellen Modellbildungen. Ihre Forschung zielt auf ein besseres Verständnis der Rolle visueller Medien für unsere Weltvorstellungen und Weltordnungen. Leiter der Interdisziplinären Arbeitsgruppe sind Christoph Markschies, Peter Deuflhard und Jochen Brüning. Ansprechpartner sind Ingeborg Reichle, Steffen Siegel, Achim Spelten. E-Mail: bildwissenschaft@bbaw.de
Im Frühjahr 2009 werden im Akademie Verlag die Ergebnisse der Weltbildforschung der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Die Welt als Bild in Form eines "Atlas der Weltbilder" vorgelegt werden.
18.30 Uhr