Heute sind im Akademiegebäude Unter den Linden neben der Akademiebibliothek insbesondere die folgenden Forschungsprojekte beheimat:
Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hat ihren Ursprung Unter den Linden: Nach ihrer Gründung im Jahr 1700 als Kurfürstlich-Brandenburgische Societät der Wissenschaften wurde die Akademie im nördlichen Flügel des Kurfürstlichen Marstalls untergebracht, der an der heutigen Dorotheenstraße (damals: Letzte Straße) lag. 1695 wurde der Flügel an den Linden um ein zweites Stockwerk ergänzt, in das zunächst die 1696 gegründete Akademie der Künste einzog. Die Unterbringung von Pferden im Erdgeschoss führte lange Zeit zu Spott, war aber für preußischen Pragmatismus durchaus charakteristisch: „Musis et Mulis“ („Den Musen und den Maultieren“) war ein Spitzname, den das Gebäude trug.
Auf dem Torhaus an der Dorotheenstraße errichtete man nach einem Entwurf des Architekten Martin Grünberg das Observatorium der Akademie, das 26,4 Meter in die Höhe ragte und auch als Aussichtsturm zugänglich war. Die Sternwarte wurde am 19. Januar 1711 feierlich eröffnet. Sie ermöglichte astronomische Beobachtungen und Berechnungen, auf deren Basis unter anderem Kalender erstellt und Eckdaten des Jahres für das Land festgelegt wurden. Gedruckte Kalender bildeten bis 1811 die Haupteinnahmequelle der Akademie, die ein entsprechendes Monopol, das Kalenderprivileg, innehatte. 1835 wurde die Sternwarte zuerst in die südliche Friedrichstadt (in der Nähe des heutigen Jüdischen Museums) und später nach Potsdam-Babelsberg verlegt. Dabei wurde sie zunächst der Universität angegliedert, war nach dem Zweiten Weltkrieg erneut ein Institut der Akademie und ist heute Teil des Leibniz-Instituts für Astrophysik. In Potsdam-Babelsberg wird beispielsweise noch der Quadrant ausgestellt, den der spätere Akademiepräsident Pierre Louis Moreau de Maupertuis (1698–1759) nutzte, um 1736 in Lappland den Meridianbogen zu vermessen und für den Friedrich der Große extra eine Beobachtungsterrasse am Observatoriumsturm finanzierte, um ihn in Berlin unterzubringen.
Am 16. Oktober 1787 wurde über dem Haupteingang des Akademiegebäudes Unter den Linden eine Präzisionsuhr angebracht, angefertigt vom späteren Hofuhrmacher Christian Möllinger. Sie besaß zwei Ziffernblätter, eines in den Sitzungssaal der Akademie gerichtet und eines zur Straßenseite hin. Aufgrund ihrer genauen Zeitanzeige wurden öffentliche und private Uhren in der Stadt nach ihr gestellt. In der Akademie trafen sich wöchentlich die beiden (natur- und geisteswissenschaftlichen) Klassen zu Vorträgen und Diskussionen der Mitglieder, außerdem die Plenar- und Festsitzungen. Im Gebäude befanden sich auch das Archiv und die Bibliothek, die zeitweilig Belegexemplare aller in Preußen gedruckten Bücher sammelte.
1903 wurde der gesamte Gebäudekomplex abgerissen, um Platz für einen großen Wissenschaftsbau des wilhelminischen Kaiserreichs zu schaffen, der in seiner Mischung aus neobarocker Prachtentfaltung und moderner Funktionalität hinter den Kulissen die Ambivalenz des politischen Systems wie der zeitgenössischen Kultur zum Ausdruck bringt. Mit dem Archiv und den Kunstsammlungen der Akademie hat inzwischen auch die Akademieuhr im Akademiegebäude am Gendarmenmarkt eine neue Heimat gefunden und zeigt nun dort dem Haus die Zeit an.
Seit der Fertigstellung des Neubaus Unter den Linden im Jahr 1914 beherbergte der rechte Flügel der heutigen Staatsbibliothek Unter den Linden (damals: Königliche Bibliothek) wieder die Akademie der Wissenschaften und weite Teile ihrer traditionsreichen Bibliothek. Die Institution entwickelte sich zu einer bedeutenden geisteswissenschaftlichen Großforschungseinrichtung, insbesondere durch die Aktivitäten von Theodor Mommsen (1817–1903) und Adolf von Harnack (1851–1930). In den Sitzungssälen der Akademie hielten unter anderem die Nobelpreisträger Max Planck (1858–1947), Albert Einstein (1879–1955) und Max von Laue (1879–1960) wissenschaftliche Vorträge. Schon in der Weimarer Republik konnten sich die Mitglieder der Akademie über die Bewertung der parlamentarischen Demokratie nicht einigen; nach 1933 unterstützten sie teilweise aktiv das nationalsozialistische System. Die Herausdrängung von Albert Einstein aus der Mitgliedschaft im März 1933 hätte auch innerhalb der Akademie bereits als Fanal gesehen werden müssen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Akademie 1946 als Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin wiedereröffnet. 1949 verlegte sie ihren Hauptsitz aus dem halb zerstörten Gebäude Unter den Linden in das durch Auflösung des Staates Preußen frei gewordene Gebäude der ehemaligen Preußischen Staatsbank (Seehandlung) am Gendarmenmarkt. Insbesondere ihre bedeutenden geisteswissenschaftlichen Forschungsprojekte und die Akademiebibliothek – sowie bis 1957 auch das Akademiearchiv – blieben aber am Stammsitz Unter den Linden. Wieder vermochte es die Akademie in ihrer Gesamtheit nicht, Verantwortung für eine offene Gesellschaft und die Entwicklung der DDR zu einer parlamentarischen Demokratie zu übernehmen.
1993 wurde nach der deutschen Wiedervereinigung die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften konstituiert, die in die Tradition der vormals Preußischen Akademie der Wissenschaften eingetreten ist, einige ihrer traditionsreichen Forschungsunternehmen fortsetzt und sich kritisch mit der Geschichte der Institution auseinandersetzt. Zugleich hat sie zu ihrem Forschungsportfolio passende neue Unternehmungen begonnen, berät Gesellschaft und Politik zu ausgewählten Fragen, kuratiert Forschungsdaten und organisiert das Gespräch von Wissenschaft und Öffentlichkeit.
Heute sind im Akademiegebäude Unter den Linden neben der Akademiebibliothek vor allem die auf die Antike bezogenen epigraphischen Akademienvorhaben „Inscriptiones Graecae“ und „Corpus Inscriptionum Latinarum“, die editorischen Projekte des Corpus der griechischen Mediziner („Galen als Vollender, Interpret und Vermittler der antiken Medizin“), der griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte („Die alexandrinische und antiochenische Bibelexegese in der Spätantike“), die in der Tradition der großen Aristoteles- und Aristoteles-Kommentarausgaben stehenden „Commentaria in Aristotelem Graeca et Byzantina“, die Fortsetzung des berühmten Ägyptischen Wörterbuchs („Strukturen und Transformationen des Wortschatzes der ägyptischen Sprache: Text- und Wissenskultur im Alten Ägypten“) sowie weitere Forschungsprojekte zur antiken Text- und Materialkultur (beispielsweise zur Numismatik) beheimatet.
The Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities has its origins on Unter den Linden: After its founding in 1700 as the Electoral-Brandenburg Society of Sciences, the Academy was housed in the northern wing of the Electoral Prince’s Stables, which were located on today’s Dorotheenstraße (then: Letzte Straße). In 1695, a second floor was added to the wing on Unter den Linden. It was initially occupied by the Academy of Arts, founded in 1696. The decision to house the Academy of Arts with the horses became the butt of jokes, but it was quite characteristic of Prussian pragmatism: “Musis et Mulis” (“To the Muses and the Mules”) was a nickname given to the building.
The Academy’s observatory, 26.4 meters high and also accessible as an observation tower, was designed by the architect Martin Grünberg and built on the gatehouse on Dorotheenstraße. The observatory was officially opened on 19 January 1711. Based on the astronomical observations and calculations conducted under its auspices, calendars were drawn up and key dates of the year were determined for the country. Until 1811, printed calendars were the main source of income for the Academy, which held a corresponding monopoly, the calendar privilege. In 1835, the observatory was first moved to the southern part of Friedrichstadt (near today’s Jewish Museum) and later to Potsdam-Babelsberg. It was initially affiliated with the university, but after World War II it was once again an institute of the Academy. It is now part of the Leibniz Institute for Astrophysics. Visitors to the observatory in Potsdam-Babelsberg can still view the quadrant used by Academy President Pierre Louis Moreau de Maupertuis (1698–1759) to measure the meridian arc in Lapland in 1736 and which was housed on an observation terrace on the Berlin observatory tower financed by special order of Frederick the Great of Prussia.
On 16 October 1787, a precision clock was installed above the main entrance to the Academy building on Unter den Linden, constructed by Christian Möllinger, later court clockmaker. It had two faces, one side facing the meeting room of the Academy and one facing the street. Public and private clocks in the city were set according to the Academy clock, reputed to be the most accurate in Berlin. The two classes (natural sciences and humanities) met weekly in the Academy for lectures and discussions by members, as well as for plenary and festive sessions. The building also housed the archive and the library, which for a time collected specimen copies of all books printed in Prussia.
In 1903, the entire building complex was demolished to make way for a large building in the style of the Wilhelmine Empire, which in its mixture of neo-baroque splendor and modern behind-the-scenes functionalism – a tension that mirrored the ambiguities of both the political system and culture at the time. Together with the Academy’s archive and art collections, the Academy clock has now also found a new home in the Academy building on Gendarmenmarkt, where it now tells the time.
Since the completion of the new building on Unter den Linden in 1914, the right wing of today’s Staatsbibliothek Unter den Linden (then the Royal Library) once again housed the Academy of Sciences and Humanities and large parts of its traditional library. The institution developed into an important research center for the humanities, particularly through the activities of Theodor Mommsen (1817–1903) and Adolf von Harnack (1851–1930). Nobel Prize winners Max Planck (1858–1947), Albert Einstein (1879–1955) and Max von Laue (1879–1960), among others, gave scientific lectures in the Academy’s meeting rooms. During the Weimar Republic, the members of the Academy were divided in their attitudes toward parliamentary democracy; after 1933, some of them actively supported the National Socialist system. When Einstein resigned from the Academy before he could be expelled in March 1933, the Academy issued a public statement that it had no cause to regret the resignation of one of its most celebrated scientists – a clear warning sign of the Academy’s compliance with the Nazi regime.
After World War II, the Academy was reopened in 1946 as the German Academy of Sciences in Berlin. In 1949, it moved its headquarters from the half-destroyed building on Unter den Linden to the building of the former Prussian State Bank (Seehandlung) on the Gendarmenmarkt, which had become vacant following the dissolution of the Prussian state. However, its important humanities research projects and in particular the Academy Library – as well as the Academy Archive until 1957 – remained at its headquarters on Unter den Linden.
In 1993, following German reunification, the Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities was constituted as the successor of the former Prussian Academy of Sciences and Humanities, continuing some of its traditional research undertakings but at the same time critically examining the history of that institution. It has also embarked on new ventures in line with its research portfolio, advised society and politics on selected issues, curated research data and organized dialogues between the scientific community and the public.
Today, in addition to the Academy Library, the Academy building on Unter den Linden primarily houses the epigraphic Academy projects “Inscriptiones Graecae” and “Corpus Inscriptionum Latinarum”, the editorial projects of the corpus of Greek physicians (“Galen als Vollender, Interpret und Vermittler der antiken Medizin. Galen of Pergamum. The Transmission, Interpretation and Completion of Ancient Medicine”), the Greek Christian writers of the first centuries (“Die alexandrinische und antiochenische Bibelexegese in der Spätantike. The Late Antique Biblical Exegesis of Alexandria and Antioch”), the “Commentaria in Aristotelem Graeca et Byzantina” in the tradition of the great editions of Aristotle and Aristotle commentaries, the continuation of the famous Egyptian dictionary (“Strukturen und Transformformationen des Wortschatzes der ägyptischen Sprache: Text- und Wissenskultur im Alten Ägypten. Structure and Transformation in the Vocabulary of the Egyptian Language: Texts and Knowledge in the Culture of Ancient Egypt”) as well as other research projects on ancient text and material culture (for example, on numismatics).