Projektdarstellung
Das Vorhaben „Galen als Vermittler, Interpret und Vollender der antiken Medizin“ befasst sich als selbständige Forschungseinrichtung eingehend mit der Edition, Übersetzung, Kommentierung und historischen Kontextualisierung Galenischer Werke. Die Schriftenreihen CMG und CML, die als Referenzausgaben auf dem Gebiet der antiken Medizin gelten und über das Gebiet hinaus neue Maßstäbe für historisch-kritische Ausgaben von antiken Fachtexten gesetzt haben, haben weiterhin Bestand. Die Arbeitsstelle versteht sich als Forschungsstelle und nicht als Redaktionsstelle. Wo es inhaltliche Anknüpfungspunkte gibt, wird internationale Zusammenarbeit mit anderen Partnern erfolgen. Das Vorhaben ist aber so geplant, dass das Erreichen seiner Zielsetzungen von den Beiträgen von externen Mitarbeitern unabhängig geschehen kann. Externe Editionen werden von den Mitgliedern des Beirates betreut. Über die Aufnahme in die Reihe entscheidet künftig ein anonymes Peer-review-Verfahren. Auch die Drucklegung soll durch den Einsatz geeigneter Editionssoftware weitgehend von den externen Mitarbeitern selbst erfolgen.
Ein wichtiges Element der Arbeit wird auch in Zukunft die Kooperation von Orientalisten und klassischen Philologen sein. Um den orientalistischen Kooperationspartnern die Veröffentlichung ihrer Resultate zusichern zu können, ist geplant, dass im „Supplementum Orientale“ der CMG-Reihe künftig auch diejenigen arabischen Übersetzungen publiziert werden können, deren Originale in griechischer Sprache überliefert sind. Damit werden zum einen weitere wichtige Quellen für die Arabistik zu Verfügung gestellt, zum andern wird mit dieser Maßnahme auch die Auswertung für die Textkonstitution des griechischen Textes transparenter, da der überlieferungsgeschichtliche Wert von Lesarten nun im Kontext und in der Originalsprache nachgeprüft werden kann. Für die lateinischen Übersetzungen, die bei breiter Überlieferung anhand des Leithandschriftensystems für die griechische Edition herangezogen werden, wird aus analogen Überlegungen eine digitale Bereitstellung des vollständigen Übersetzungstextes angestrebt.
Das Galenische Corpus ist die bei weitem größte überlieferte Schriftsammlung eines griechischen Autors. Wie für keinen anderen Autor der Antike liegen nach wie vor große Teile seines Œuvre nicht in kritisch-historischen Editionen vor. Die schiere Textmasse und die in den meisten Fällen sehr komplexe Textüberlieferung lässt eine von der Arbeitsstelle erarbeitete Gesamtausgabe als unmöglich erscheinen. Daher wurde nach inhaltlichen Kriterien eine Auswahl von Texten bestimmt, die an der Arbeitsstelle bearbeitet werden sollen. Das Vorhaben konzentriert sich auf wirkungsmächtige Texte und Themen, die ganz ausgeprägt - und damit für die antike Medizin durchaus typisch - an der Schnittstelle jener Bereiche, die man heute Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft nennt, anzusiedeln sind und so einen interdisziplinären Bezug zu aktuellen Fragestellungen haben. Es sind dies:
Damit kann einerseits der Bezug des Vorhabens zu aktuellen Debatten in den entsprechenden Bereichen gestärkt werden, andererseits fördert eine solche Fokussierung auch die Anschlussfähigkeit an die sich rasch entwickelnden Berliner Projekte auf den Gebieten der antiken Philosophie, der philosophischen Psychologie und der Wissenschaftsgeschichte. Erst durch eine solche interdisziplinäre Einbettung können die Schriften Galens, in denen neben medizinischen auch naturkundliche, historische, philologische, metaphysische, ethische, psychologische und erkenntnistheoretische Gesichtspunkte stets eine wichtige, oft tragende Rolle spielen, gewinnbringend in den Blick genommen werden.