Pilotprojekt: Die Student*innen des Instituts für Literatur „Johannes R. Becher“ Leipzig
Kooperationsprojekt der Humboldt-Universität zu Berlin, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Berliner Hochschule für Technik Berlin
Für eine empirische Literatursoziologie, die auf die Gesamtheit literarischer Verhältnisse zielt, fehlen bislang in der Regel systematisch erhobene Daten. Zwar bieten Informationen in Bibliographien, Lexika, Katalogen oder Datenbanken eine gute Grundlage. Die Daten sind jedoch nicht koordiniert, liegen zudem nur stark selektiv vor und sind nicht selten unzuverlässig. Das Pilotprojekt zur Erschließung des literarischen Felds der DDR vereint daher bio-bibliografische Grundlagenforschung mit dem Einsatz digitaler Forschungsansätze zur multiperspektivischen Analyse literarischer Strukturen, Beziehungen, Produktions- und Rezeptionsprozesse.
In einer ersten Phase werden grundlegende Informationen zu den Studierenden des Leipziger Instituts für Literatur „Johannes R. Becher“ (IfL) für den Zeitraum von 1955 bis 1993 erschlossen. Das IfL war als einzige akademische Ausbildungseinrichtung für Autor*innen im deutschsprachigen Raum eine der zentralen Institutionen im literarischen Feld der DDR. An diesem Beispiel zeigen sich der kulturpolitische Steuerungsanspruch der politischen Führung und zugleich der „poetische Eigensinn“ der literarischen Praxis. Die Akteure besetzten unterschiedliche Positionen im Feld, von kanonisierten bis zu dissidentischen Autor*innen. Entsprechend breit und vielfältig ist das Spektrum an Gattungen und Genres, das die literarische Produktion der Absolvent*innen umfasst.
In Form einer digitalen Forschungsplattform werden Daten zu Biografie, Werk, Rezeption und Quellen durch Synthese vorliegender Informationen, Archivrecherchen, Fragebögen und Interviews erhoben. Damit steht eine breite Grundlage für anspruchsvolle quantitative Feld- und Netzwerkuntersuchungen zur Verfügung. Für diese Analysen sollen digitale Verfahren im Sinne eines Modellvorhabens methodisch erprobt und auf die Verknüpfung quantitativer und qualitativer Ansätze befragt werden. Darüber hinaus werden Werkzeuge entwickelt, die einen nutzerfreundlichen Umgang mit den Daten und Analysemöglichkeiten für weitere Forschungen eröffnen.