Das Vorhaben hat die Aufgabe, das bibliographische Handbuch "Literatur in der DDR" weiterzuführen und abzuschließen. Dazu sind außer dem neu zu erschließenden Zeitraum von 1963-1990 die zwei vom Zentralinstitut für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR 1986 herausgegebenen Bände (1945-1962) zu ergänzen und alle Daten zu digitalisieren, im Sinne einer vollständigen, einheitlichen gedruckten und elektronischen Gesamtdarstellung des Gegenstandes.


Zielstellung und Anlage

Das Handbuch ist ein international eingeführtes wissenschaftliches Nachschlagewerk mit der Zielstellung, die Gesamtheit der in der DDR veröffentlichten belletristischen Bücher und Heftreihenpublikationen (einschließlich korrespondierender Sekundärliteratur, Sachliteratur und Bildgeschichten) in Jahresquerschnitten bibliographisch zu erfassen. Innerhalb der annalistischen Überblicke werden außerdem ausgewählte Zeitschriften sowie kulturpolitische Ereignisse ausgewertet, um die sozialen und politischen Kontexte der Zeit anzudeuten.Diese Anlage macht die Bibliographischen Annalen zu einem für literarhistorische und zeitgeschichtliche Studien grundlegenden Quellenwerk. Es bietet systematische Überschau über die Produktion, Verbreitung und Aufnahme von Literatur in der DDR, gewährt daneben aber auch über Register den unkomplizierten Zugang zu Detailinformationen (Autoren, Pseudonyme, Lebensdaten, Werke, Auflagen, Rezensionen). Der bibliographische Eintrag (der Erstveröffentlichung) enthält zusätzliche Werkangaben (Nach-, Teilabdrucke, Besprechungen etc.). Das Verfahren der Autopsie wird eine bei Bibliographien seltene Informationsdichte ermöglichen, z. B. durch Erfassung der Vor- und Nachworte, Anhänge, Übersetzer, Illustratoren. Die Binnengliederung innerhalb jedes Jahresquerschnitts (nach den Rubriken ‚Kulturpolitik’ , ‚Zeitschriften’ , , Anthologien’ , ‚Bildgeschichten’, ‚Prosa’ , ‚Lyrik’ , ‚Dramatik’ , ‚Sachliteratur’ , ) bietet Platz für weitere Informationen über Institutionen, Veranstaltungen etc.; in der Abfolge der Jahresquerschnitte werden so literarische Phasen und Entwicklungstrends erkennbar Ein wesentlicher Teil des Arbeitsaufwandes ist der Aufnahme bislang noch nicht verzeichneten Materials gewidmet, welches durch Archivrecherchen gewonnen wird. Dies betrifft die als Typoskriptdruck vervielfältigten und für den Bühnengebrauch bestimmten Textbücher, die aufschlußreiche Vergleiche zur tatsächlichen Aufführungspraxis und zum Repertoire der Theater ermög1ichen. Ähnliches gilt für die Programme und Texte der wichtigsten Berufskabaretts, deren Themen in Beziehung zu setzen sind zur Lenkung der öffentlichen Meinungsbildung. Auflagenzahlen und Auflagenhöhen geben über die quantitative Seite der Buchproduktion, die wirkliche Verbreitung der einzelnen Titel, kurz: das tatsächliche Leseangebot Auskunft. Eine nach thematischem Zuschnitt und Aussagefähigkeit vergleichbare Bibliographie zum Zeit-Raum "Literatur in der DDR" existiert bisher nicht. Sie ist ein wissenschaftliches Desiderat, das auch nicht durch die Zusammenschau verschiedener Spezial- und Allgemeinbibliographien ersetzt werden könnte.

 

Vorgeschichte

Das Konzept für eine Bibliographie mit literarhistorischer Aussagefähigkeit entstand Ende der 70er Jahre. Es reagierte auf einen in vieler Hinsicht unbefriedigenden Stand der Literaturgeschichtsschreibung über "DDR-Literatur". Zu dieser Zeit war die DDR-Literatur international in größerem Umfang rezipiert; die Literaturwissenschaft im In- und Ausland hatte sich mehr oder weniger eingehend mit ihr befaßt und ganz unterschiedliche Deutungen vorgenommen. In der DDR selbst lag 1976 die elfbändige Geschichte der deutschen Literatur vor, deren letzter Band die DDR-Literatur als "Geschichte der Vorbereitung, Herausbildung und Entfaltung der sozialistischen Nationalliteratur in der DDR" darstellt. Langzeitstudien zur Literaturrezeption und —wirkung zeigten dagegen eher die Unangemessenheit ideologisierender Wachstumsvorstellungen (der Entfaltung, Blüte bzw. des Verfalls) von Literatur, auch schien der nationalliterarische Rahmen zu eng, berücksichtigte man das breitgefächerte Spektrum des tatsächlichen Literaturangebots, die Veränderung der Schreib- und Lesebedürfnisse angesichts der Medienentwicklung und anderes mehr. Solchen Fragestellungen ging eine Forschungsgruppe zur Geschichte der DDR-Literatur nach, die 1977 am Zentralinstitut für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR gegründet worden war. Ihr zugeordnet war eine Gruppe von Bibliographen unter der Leitung von Dr. Herbert Jacob. Sie legte mit dem bibliographischen Handbuch Literatur in der DDR (Berlin: Akademie-Verlag 1986) die ersten beiden Bände eines Werkes vor, das seitdem als umfassendes Titel- und Quellenrepertorium für alle weitere Beschäftigung mit dem inzwischen Geschichte gewordenen Gegenstand dient und in diesem Sinne nunmehr weitergeführt und abgeschlossen wird.

 

Quellen, Ergebnisformen

Die Grundlage für die Ermittlung von Veröffentlichungen bilden Allgemeinbibliographien, Verlagsverzeichnisse, elektronische Bibliothekskataloge sowie bibliothekarische und bibliographische Datenbanken. 1994 wurde dem Langzeitvorhaben die sogenannte "Produktionsmeldungskartei" der ehemaligen Hauptverwaltung Verlage der DDR (jetzt im Besitz der Akademie der Künste) dankenswerterweise als Dauerleihgabe überlassen. Dieser umfangreichen Kartei können zusätzliche Daten zur Drucklegung und Verbreitung von Titeln entnommen werden. Die Planung umfaßt insges. 6 Fortsetzungsbände (von jeweils ca. 600 S. Umfang) und ein kumuliertes Gesamtregister. Die Drucklegung aller Bände wird nach dem Abschluß des Projekts Ende 2006 erfolgen. Die Akademie wird in der Folgezeit in eigener Verantwortung potentiellen Nutzern sämtliche Ergebnisse kostenlos als Datenbank im Internet zur Verfügung stellen.Bislang sind die Bände 4 (1984-1990), 3 (1977-1983) und 2 (1970-1976) im Manuskript fertiggestellt. Zur Zeit wird am Band 1 (1963- 1969) gearbeitet, der Ende 2003 im Manuskript abzuschließen ist.

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