Die Künste sind wie die auf sie bezogenen Wissenschaften heute selbstverständlicher Teil der akademischen Landschaft. Wie kam es dazu und welche Konsequenzen haben die historischen Bedingungen dieser Entwicklung und ihre globalen Dimensionen für aktuelle Debatten?
Das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft und dessen akademische Ausdifferenzierung wird derzeit kontrovers diskutiert. Neben der Neuverhandlung gesellschaftlicher wie politischer Erwartungen an Künste und Wissenschaften sind damit Veränderungen institutioneller Topographien verbunden.
Vor diesem Hintergrund stellt die Initiative die Frage nach den historischen Dimensionen von Akademisierungsprozessen in den Künsten: Unter welchen Bedingungen und aus welchen Interessen heraus werden Künste überhaupt akademisch? Wie verhalten sich die verschiedenen Künste und Kunstwissenschaften im Vergleich und welche politischen Kontinuitäten und Brüche, welche personellen, institutionellen aber auch praxis- und materialbezogenen Dynamiken spielen dabei eine Rolle? Welche Transformationen von Praktiken, Institutionen und Berufsbildern gehen damit einher? Welche Rolle spielt das Verhältnis von Kunst, Gesellschaft und Staat für die akademische Ausdifferenzierung der Künste?
"Akademisierung" wird dabei eher als Suchbegriff, denn als Definitionsversuch begriffen. Die Herausbildung einer akademischen Kunstausbildung und kunstbezogener wissenschaftlicher Forschung und Lehre zunächst auf den Gebieten Bildende Künste, Musik und Theater in Preußen im 19. und frühen 20. Jahrhundert sowie deren früh einsetzenden globalen Verflechtungen liefert dafür den konkreten historischen Ausgangspunkt. Die Künste wie die auf sie bezogenen Wissenschaften waren hier Teil einer dynamischen Umorganisation der Bildungslandschaft, die von höfischem, staatlichem und bürgerlichem Repräsentationswillen sowie der Herausbildung einer öffentlichen Bildungsinfrastruktur geprägt war. Ein interdisziplinärer und vergleichender historischer Blick, der solche Bedingungen, ihre globalen Dimensionen und ihre weitere Geschichte differenziert einbezieht, eröffnet die Chance, neue Perspektiven in die aktuelle Debatte zu bringen.