Im Rahmen des Projektes wird die Erstedition des "Spiegels der menschlichen Seligkeit", der sogenannten "anonymen Versübersetzung" des lateinischen "Speculum humanae salvationis" (Heilsspiegel) erstellt.
Der Heilsspiegel, entstanden im frühen 14. Jahrhundert, ist eines der wichtigsten Werke spätmittelalterlicher Katechese. Das Text-Bild-Werk erhellt die Bezüge zwischen Altem und Neuem Testament und will damit den göttlichen Strukturplan, der die ganze Welt umfasst, erschließen. Das Werk entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten mittelalterlichen Buchtypen und wurde vielfach in Volkssprachen übertragen (insgesamt mehr als 400 erhaltene Handschriften). Die am stärksten verbreitete deutsche Reimübertragung, die sogenannte "anonyme Versübersetzung" mit dem überlieferten Titel "Spiegel der menschlichen Seligkeit", ist bislang unediert. Von dem vorwiegend im mittel- und niederdeutschen Sprachgebiet überlieferten Text sind inzwischen 18 Handschriften und 10 Fragmente bekannt; seine Wirkung war also beachtlich.
Die Edition wird zum vertieften Verständnis der Funktion und Vermittlung theologischer Diskurse in der Volkssprache und ihres frömmigkeitsgeschichtlichen Rahmens beitragen. Das zu erhebende Handschriftenmaterial ist zudem für die Forschung aufschlussreich, da an dem vielbenutzten Text die Entstehung nutzungsbedingter Varianzen (Textunterschiede) im Lauf der Überlieferung abgelesen werden kann.
Das Projekt läuft bis zum 31.12.2014.