Joachim von Fiore gilt spätestens seit Lessing als der Begründer einer neuzeitlichen Form der Hoffnung auf ein „tausendjähriges Reich des Friedens“ (Johannesoffenbarung Kapitel 20 Verse 2 bis 5) vor dem Ende der Zeiten, also als „Chiliast“.

Die Versammlung der BBAW hat 1995 mit großer Mehrheit zugestimmt, zusammen mit der italienischen Nationalakademie der „Lincei“, die ihren Sitz in Rom hat, ein Patrozinium für die seit Ende der achtziger Jahre geplante neue kritische Gesamtausgabe der Werke des großen Mönchstheologen aus Kalabrien zu übernehmen.

 

Besonders im 20. Jahrhundert und an USA-Universitäten, aber zuvor auch in Deutschland und Italien ist allerhand über ihn geschrieben worden, aber alle Interpretationen waren auf die ersten gedruckten Ausgaben aus dem 16. Jahrhundert angewiesen, und viele Texte waren ungedruckt geblieben oder sind nach dem 2. Weltkrieg in unzureichenden Ausgaben erschienen. Damit liegt über allen Interpretationen ein Verdacht einer gewissen Ungewissheit ihrer Textgrundlagen, mindestens aber des Verhältnisses der nicht gerade wenigen kleinen und größeren Schriften zueinander, und dem wollte und will der in Berlin neu entwickelte Plan einer historisch-kritischen Gesamtedition begegnen.

 

Sechs Bände der neuen Joachimausgabe sind in Rom beim Istituto Storico Italiano per il Medio Evo zwischen 1995 und 2009 erschienen, der jüngste und bisher umfangreichste davon in der Form einer im Satz identischen gleichzeitigen Übernahme einer Edition des Akademienvorhabens „Monumenta Germaniae Historica”. In der römischen Parallelausgabe ist es Band I der Opera omnia. Als solche Doppelausgaben sollen auch die beiden umfangreichsten Bände erscheinen, zu denen der ebenfalls in Berlin in fortgeschrittener Bearbeitung befindliche Kommentar zur Johannesoffenbarung gehört.

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