Die Arbeitsstelle „Deutsche Texte des Mittelalters“ erschließt mittelalterliche deutschsprachige Handschriften und erarbeitet handschriftennahe Textausgaben.
Mittelalterliche Handschriften haben als sinnlich fassbare Zeugen einer vergangenen Epoche eine ungebrochene Faszination und transportieren beeindruckende Texte. Noch lange sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Epoche zu erforschen, die unsere heutige Kultur mitgeprägt hat. Bereits 1904 hat die Preußische Akademie der Wissenschaften begonnen, die deutsche mittelalterliche Überlieferung durch Handschriftenbeschreibungen (HTML, 4KB) möglichst komplett zu erschließen und ausgewählte Texte in einer Editionsreihe herauszugeben.
Im Rahmen verschiedener von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierter Projekte wird ein Referenztext zu Ottos von Passau „Die vierundzwanzig Alten“ erstellt, der Projektteil „Die Fassungen von Wolframs ›Parzival‹ in Bezug zur Textgenese und zur französischen Vorlage. Eine Ausgabe in synoptischer Form“ des Berner Parzival-Großprojekts bearbeitet sowie eine Traktat-Anthologie zur sogenannten „Unterscheidung der Geister“ ediert; bis Ende 2014 wurde zudem der „Spiegel der menschlichen Seligkeit“ (eine anonyme Versübersetzung des 'Speculum humanae salvationis') ediert.
Anhand der im Auftrag der Akademie angefertigten Handschriftenbeschreibungen (HTML, 4KB) können in der Arbeitsstelle verlorene oder verlagerte Bibliotheksbestände rekonstruiert werden. Sukzessive werden die Beschreibungen im Internet zugänglich gemacht und mit den einschlägigen digitalen Ressourcen der Handschriftenforschung vernetzt.
In der Editionsreihe werden weiterhin vor allem Texte des Hoch- und Spätmittelalters publiziert, darunter von der Forschung lange vernachlässigte literarische Spitzenprodukte wie das rund 43.000 Verse umfassende mittelhochdeutsche „Passional“ (um 1300), das ein episches Marien- und Jesusleben sowie die Legenden der Apostel umfasst. Der Einsatz von Rechnern in allen Phasen der editorischen Arbeit ermöglicht komplexe Recherchen, die für fundierte Untersuchungen zur deutschen Sprach- und Literaturgeschichte unverzichtbar sind.
* Handschriftenarchiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: Wernigerode, Fürstliche Bibliothek, Zb 10 (heute Krakau, Biblioteka Jagiellonska Berol. mgq 1870; theologische Sammelhandschrift). Handschriftenbeschreibung durch Eduard Brodführer, Wernigerode 1915, 24 Bll., mit Nachzeichnung des Bilderzyklus; hier: Schlussbild der Apokalypse.